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Arbeitsrecht

Mobbing am Arbeitsplatz

Hier möchten wir Ihnen weitere Informationen und Erläuterungen zu folgenden Themenkomplexen geben:

  1. Einleitung
  2. Begriffsdefinition
  3. Verhalten bei Mobbing
  4. Ansprüche bei Mobbing durch Mitarbeiter
  5. Nachweis des Mobbingtatbestandes

1. Einleitung

Mobbing ist ein Phänomen, welches wohl schon immer existiert hat, jedoch nach Untersuchungen die letzten Jahre drastisch und für die Betroffenen auch in dramatischer Art und Weise zugenommen hat. Es handelt sich um ein Verhalten, das sich nicht auf die Arbeitswelt beschränkt, sondern immer dort auftaucht, wo Menschen öfter zusammentreffen, so auch in Schule, Justizvollzugsanstalten oder Vereinen. Die nachfolgende Darstellung soll sich aber auf Mobbing am Arbeitsplatz beschränken. Bei Mobbing am Arbeitsplatz handelt sich um eine Verhaltensweise, die allen Beteiligten (ob betroffen oder nicht, Vorgesetztem oder Arbeitnehmer) die Lust und Freude am Arbeiten verdirbt, da die Atmosphäre im Betrieb bzw. der Abteilung schwer leidet.

2. Was versteht man unter Mobbing?

Jeder hat eine ungefähre Ahnung von dem, was gemeint ist, wenn man über Mobbing spricht, kann es gegebenenfalls umschreiben, aber nicht genau definieren. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass sich die Psychologen untereinander noch nicht einig sind und es noch keine allgemeingültige Definition von Mobbing gibt.

Die von den Psychologen gelieferten wissenschaftlichen Begriffsdefinitionen sind allerdings auch nicht besonders „benutzerfreundlich“, so dass „Mobbing am Arbeitsplatz“ nach Leymann wie folgt definiert wird:

„Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist, und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.“

Als weitaus praktikabler stellen sich die einzelnen Beispiele dar, die Leymann im Rahmen einer Befragung unter Betroffenen als symptomatisch festgestellt hat. Dies sind:

Angriffe auf die Kommunikationsmöglichkeit wie zum Beispiel

Angriffe auf die sozialen Beziehungen wie zum Beispiel

Angriffe auf Qualität der Arbeit wie zum Beispiel

Angriffe auf die Perspektive im Betrieb wie zum Beispiel

Angriffe auf das soziale Ansehen wie zum Beispiel

Angriffe auf die psychische und physische Unversehrtheit wie zum Beispiel

Natürlich kommen derartige Verhaltensweisen immer wieder vor. Sie sind grundsätzlich auch nicht relevant, sofern sie ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Nach einer Definition des Arbeitspsychologen Leymann wird ein Mitarbeiter gemobbt, wenn eine oder mehrere dieser Handlungen mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr vorkommen. Es wurde von Leymann auch ein Fragebogen entwickelt, der sog. „LIPT-Fragebogen“, der diesbezüglich noch genauer ist und aus urheberrechtlichen Gründen hier natürlich nicht abgedruckt werden kann.

Alle Verhaltensweisen rund um das Thema Mobbing sind übrigens hervorragend in der Fernsehserie „Stromberg“ aufgenommen und umgesetzt worden. Wir bekommen hier alle nur erdenklichen Formen des Mobbings vorgespielt. Genau so soll es gerade nicht in einer realen Firma ablaufen. Eine Wertung über die Sendung als solche soll an dieser Stelle nicht vorgenommen werden, die Protagonisten können aber zumindest als Beispiele fungieren.

Der von uns umgangssprachlich benutzte Begriff „Mobbing“ umschreibt nur sehr grob und verallgemeinert, was sich auf mehreren Ebenen abspielen kann. Gemobbt werden kann nämlich nicht nur auf gleicher Hierarchieebene (horizontale Hierarchieebene) wie in der Fernsehserie Stromberg Abteilungsleiter Stromberg gegen Abteilungsleiter Turculu oder klischeehaft Sekretärin 1 gegen Sekretärin 2 (klassisches fachlich korrekt bezeichnetes Mobbing bzw. horizontal bullying). Mobbing kann auch auf vertikaler Ebene von oben nach unten, sog. bossing, (Abteilungsleiter Stromberg gegen „Ernie“ oder Vorarbeiter gegen Arbeiter etc.) stattfinden. Aber auch von unten nach oben kann gemobbt werden. Man spricht dann vom staffing (Mitarbeiter gegen Abteilungsleiter).

Am häufigsten mobben sich laut repräsentativen wissenschaftlichen Umfragen Mitarbeiter untereinander, dicht gefolgt von den Vorgesetzten, die einen bestimmten Mitarbeiter „auf dem Kicker haben“ und weit abgeschlagen von Bündnissen aus Vorgesetztem und Mitarbeiter gegen einen anderen Mitarbeiter. Die den Vorgesetzten ausbremsenden Mitarbeiter sind, was in der Natur der Sache liegt und auch den Kräfteverhältnissen geschuldet sein dürfte, klar in der Minderheit.

3. Was kann man bei Mobbing am Arbeitsplatz tun?

Leider gibt es hierzu kein Patentrezept. Es kommt auf die jeweilige Situation an. Es sollte nicht vorschnell agiert werden. Es ist sinnvoll auch bei Beauftragung eines rechtlichen Beistandes zuerst ein Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Hier machen Rechtschutzversicherer auch eine Ausnahme von der allgemeinen Regel und bezahlen die vorgerichtliche Tätigkeit eines Anwalts.

Manch ein Vorgesetzter findet die richtigen Worte und bringt wieder Ruhe in die Abteilung. Oftmals ist diese Ruhe jedoch trügerisch und nur oberflächlich. Wenn man genauer hinsieht geht das Mobbing an anderer Stelle und nachdem der Vorgesetzte wieder wegschaut, nicht mehr so offensichtlich weiter. Für den Betroffenen ändert sich meist nichts, sofern nicht die Ursache für das Mobbing gefunden und eliminiert wird. Es handelt sich um die größte Hürde. Hier kann es oft angebracht sein die Hilfe eines Mediators in Anspruch zu nehmen, um die gruppendynamischen Vorgänge herauszuarbeiten, die zu der unerwünschten und geschäftsschädigenden Verhaltensweise geführt haben.

4. Welche Ansprüche hat ein Mitarbeiter, der gemobbt wird?

In anderen Ländern wie Spanien oder Frankreich gibt es „Anti-Mobbing-Gesetze“. Einen derartig vom Gesetzgeber ausgestalteten rechtlichen Rahmen gibt es in Deutschland nicht. Jedoch bedarf es auch momentan keiner expliziten Regelung, da eine Reihe von Ansprüchen aus anderen Rechtsnormen gibt, die die Rechtsprechung anwendet und dem angegriffenen Mitarbeiter bzw. dem Arbeitgeber eine Reihe von Reaktionsmöglichkeiten an die Hand gibt.

Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Fürsorge

Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer nämlich grundsätzlich einen intakten Arbeitsplatz. Hierzu gehört auch von anderen Mitarbeitern nicht schikaniert, diskriminiert oder in sonstiger Art und Weise angefeindet zu werden. Die Rechtsprechung umgeht hier bewusst die Diskussion um den Begriff Mobbing und definiert den Anspruch selbst. Hierfür hat der Arbeitgeber die erforderliche Betriebsorganisation zu schaffen. Der Arbeitgeber haftet also quasi indirekt für die Handlungen seiner Mitarbeiter. Die Rechtsprechung gibt dem Arbeitgeber auch nicht vor, was genau er zu unternehmen hat. Er hat sich jedoch schützend vor den angegriffenen Arbeitnehmer zu stellen und „geeignete Maßnahmen“ zum Schutz des betroffenen Arbeitnehmers zu ergreifen. Es besteht eine Fürsorgepflicht.

Um diesen Anspruch zu erfüllen stehen dem Arbeitgeber eine Reihe von Möglichkeiten zu. Hier ist von einem klärenden Gespräch, über eine Ermahnung hin zur Abmahnung, an die Versetzung des Mobbers oder des Gemobbten, eine verhaltensbedingte Kündigung und der Gleichen mehr zu denken. Der Arbeitgeber muss hier jedoch die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen beachten und ist zum Nachweis verpflichtet um nicht in einem Prozess gegen den angeblichen Mobber zu unterliegen. Ist der Eingriff jedoch gravierend, so kann gegebenenfalls auch eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Es muss immer eine Einzelfallabwägung stattfinden.

Ob die Mobbinghandlung nun von Vorgesetzten, Mitarbeitern oder Untergebenen ausgeführt wird ist insoweit gleichgültig. Der Anspruch des Mitarbeiters geht immer gegen den Arbeitgeber, da er seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen ist.

Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung, Schadenersatz und Schmerzensgeld

Wird diese Fürsorgepflicht verletzt und der Arbeitgeber ergreift gerade keine „geeigneten Maßnahmen“, so sieht sich der Arbeitgeber weiteren direkten Ansprüchen des angegriffenen Arbeitnehmers ausgesetzt. Nur jetzt bestehen nicht nur Handlungsverpflichtungen, sondern gegebenenfalls auch finanzielle Ansprüche des Arbeitnehmers.

Der Arbeitnehmer kann nämlich die Arbeit verweigern. Der Arbeitgeber muss allerdings den Lohn weiter bezahlen. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet sich weiter der Gefahr von Mobbing auszusetzen.

Bei dauerhaften degradierenden oder beleidigenden Handlungen gegen die der Arbeitgeber nicht in geeigneter Weise vorgeht kann auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz (z.B. Lohnfortzahlung bis zur Erlangung einer anderen Anstellung) bestehen. Ein Schmerzensgeldanspruch kann dann bestehen, wenn das Mobbing zu Krankheiten oder Gesundheitsbeeinträchtigungen führt bzw. geführt hat. Selbst wenn keine gesundheitlichen Auswirkungen vorliegen kann ein Schmerzensgeld wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu zahlen sein.

Anspruch gegen den mobbenden Kollegen

Neben den Ansprüchen gegen den Arbeitgeber besteht natürlich auch ein allgemeiner Unterlassensanspruch gegen den schikanierenden Mitarbeiter auf Unterlassen der Anfeindung aus § 1004 BGB analog.

Es können auch in diesem Verhältnis Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geltend gemacht werden.

Im Falle unrichtiger Behauptungen kann deren Widerruf verlangt werden.

Neben den zivilrechtlichen Möglichkeiten kann gegebenenfalls auch strafrechtlich mit einer Strafanzeige reagiert werden.

Sonstige Ansprüche

Sollte ein Betriebsrat existieren, so kann auch dieser eingeschaltet werden und muss die Beschwerde entsprechend bearbeiten (vgl. §§ 84, 85 BetrVG).

Im Rahmen einer Schwangerschaft können Ärzte ein Beschäftigungsverbot bescheinigen, wenn der durch die Tätigkeit verursachte Stress schädlich für das Kind ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich Mobbing vorliegt bzw. nachgewiesen werden kann.

5. Was muss man im Fall einer Klage wegen Mobbings beweisen?

Grau ist alle Theorie und die Ansprüche scheitern in der Praxis regelmäßig daran, dass sie bewiesen werden müssen. Der Nachweis muss konkret geführt werden. Es reicht nicht, wenn „Ernie“ im Falle unseres Strombergbeispiels angibt, alle in der Abteilung würden ihn so nennen. Der Vortrag ist an sich bereits prozessual unzulässig, da er nicht bestimmt genug ist. Es muss Ort (z.B. Cafeteria, Kopierer am Gang), Datum, Uhrzeit, Art der Verletzung, die beteiligten Personen, eventuelle Zeugen etc. so konkret wie möglich angegeben werden. Gibt es schriftliche Unterlagen, so sind diese sofort zu kopieren und zum jeweiligen Vorfall abzuheften. Im Nachhinein verschwinden Memos und Emails werden gelöscht.

Nachdem sich die Vorfälle über geraume Zeit hinziehen müssen, bevor sie tatsächlich justiziabel werden besteht die einzige Möglichkeit für den betroffenen Arbeitnehmer im Führen eines „Mobbingtagebuchs“. In diesem Tagebuch ist exakt aufzuführen, wer was getan bzw. nicht getan hat. Je mehr Informationen vorliegen und je konkreter diese ausgestaltet sind, um so bessere Chancen bestehen. Neben dem juristischen Strengbeweis ist jeder Vorgesetzte eher geneigt einem sich beschwerenden Mitarbeiter Glauben zu schenken bzw. gehalten mehr zu veranlassen, wenn hierzu durch konkreten Vortrag ein konkreter Anlass besteht.