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Schadensregulierung Personenschäden

Erwerbsschäden

Werden Menschen an der Gesundheit verletzt, so treten bei schweren Verletzungen oft Dauerfolgen ein, die nicht mehr weiter behandelt werden können. Wer sich bei einem Unfall die Wirbelsäule verletzt und eine Querschnittslähmung davongetragen hat, wird dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sein, was auch häufig negative Auswirkungen auf das Erwerbsleben der Geschädigten mit sich bringt. Aber auch Kinder, die noch nicht einmal zur Schule gehen können durch die Auswirkungen eines Unfalls in ihrer künftigen Berufswahl eingeschränkt werden.

Es ist daher wichtig zu wissen, welche Ansprüche an den Schädiger oder die Versicherung gestellt werden können.

Um dem entgegen zu wirken möchten wir Ihnen weitere Informationen und Erläuterungen zu folgenden Themenkomplexen geben:

  1. Erwerbsschäden durch Mindereinkünfte und Arbeitsplatzverlust
  2. Erwerbsschäden bei Angestellten, Selbständigen und Freiberuflern
  3. Ersatz des Verlustes durch die Einschränkung der Möglichkeit zur Führung des eigenen Haushalts (sog. Haushaltsführungsschaden)
  4. Ersatz notwendiger Kosten für eine durch die Verletzung erforderliche Umschulung
  5. Verlust der handwerklichen Mithilfe bei Bauprojekten
  6. unentgeltliche Mitarbeit im Betrieb von Angehörigen und Lebenspartnern durch den Geschädigten
  7. unentgeltliche Mitarbeit in familienfremden Betrieben durch den Betroffenen
  8. ehrenamtliche Dienstleistungen des Geschädigten

1. Wann liegt ein Erwerbsschaden vor?

Ein Erwerbsschaden liegt vor, wenn die Arbeitsfähigkeit durch einen Unfall eingeschränkt bzw. aufgehoben worden ist. Die daraus entstehenden Vermögensnachteile sind zu ersetzen. Es ist also der Schadensumfang festzustellen, da alle wirtschaftlichen Folgen der Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Erwerbstätigkeit zu ersetzen sind.

Es ist also einerseits auf den aktuellen Zeitpunkt abzustellen (Erwerb) sowie in die Zukunft zu blicken und eine Zukunftsprognose zu erstellen. Denn nicht jede Verletzung die die Arbeitskraft mindert oder beeinträchtigt führt auch gleichzeitig zu einem Vermögensnachteil der zu ersetzen ist. Kann beispielsweise ein Passagierpilot nach einem Unfall nur noch Frachtflugzeuge lenken und wird deswegen von seinem Arbeitgeber geringer entlohnt, so liegt ein Erwerbsschaden vor, der auszugleichen wäre. Bekommt der Pilot allerdings das gleiche Gehalt weiter, so liegt kein ersatzfähiger Schaden vor, da es zu keiner Vermögenseinbuße gekommen ist.

Tipp vom Fachanwalt: Als Zukunftsschaden ist allerdings auch bei momentan gleichem Verdienst zu berücksichtigen, dass ggf. schlechtere Aufstiegschancen bestehen.

In diesem Zusammenhang ist auch immer eine Schadensminderungspflicht und Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.

2. Wie errechnet sich ein Erwerbsschaden bei Arbeitnehmern und Selbständigen und Freiberuflern?

Es ist eine Prognose aufzustellen, was der Geschädigte verdient hätte. Bei Arbeitnehmern ist aufgrund der geleisteten oder leistbaren Arbeitszeit zu errechnen, was erzielt worden wäre. Bei Selbständigen ist der erzielbare Gewinn maßgeblich.

Den Geschädigten trifft auch hier als Obliegenheit eine Schadensminderungspflicht in der Form, dass er soweit möglich auch weiterhin einer Erwerbstätigkeit im Rahmen der verbliebenen Arbeitskraft und des leistbaren Zeiteinsatzes nachgeht. Er hat einfach gesagt weiterhin das zu verdienen, was er trotz seiner Verletzung im Stande ist zu verdienen bzw. tatsächlich verdient. Kommt der Geschädigte dieser Obliegenheit nicht nach, so sind hypothetische Abzüge zu machen. Danach ergibt sich ein jährlicher oder monatlicher Verdienst- oder Gewinnausfall.

Streitpunkt in diesen Fallen ist immer, was der Verletzte einerseits zu leisten in der Lage ist bzw. hypothetisch in der Lage wäre zu leisten. Andererseits fällt Realität und Hypothese auch oft weit auseinander, da in den wenigsten Büros für Rollstuhlfahrer die Möglichkeit besteht dort zu arbeiten. Auch die grundsätzlich vorhandene Möglichkeit der Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes ist oftmals schwierig.

Insbesondere bei Kindern und Arbeitslosen ist diese Prognose schwierig. Es gibt genügend Beispiele die bestätigen, dass ein schlechter Schüler nicht unbedingt im späteren Leben ein Geringverdiener werden muss. Albert Einstein musste in der Schule auch eine Klasse wiederholen. Es wäre allerdings übertrieben anzunehmen, dass aus jedem Wiederholer ein Einstein wird. Die Entwicklung ist jedoch immer positiv zu sehen. Die Rechtsprechung geht auch davon aus, dass ein Arbeitsloser wieder eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung finden wird.

Tipp vom Fachanwalt: Es ist mit der ständigen Rechtsprechung davon auszugehen, dass sich ein Betrieb oder ein Mensch grundsätzlich positiv entwickelt bzw. ein Arbeitnehmer aufsteigt. Dies ist genauso wie Lohnerhöhungen oder Preissteigerungen bei Verhandlungen zu berücksichtigen.

3. Wie errechnet sich der Haushaltsführungsschaden?

Haushaltsführungsschaden tritt in Gestalt der fremdnützigen Arbeit für Kinder und Ehegatten oder als eigennützige Arbeit in Gestalt der Mehrbedarfsschadens auf. Beide Schadensarten werden unter dem Begriff Haushaltsführungsschaden vermengt.

Die eigentliche Berechnung ist kompliziert und muss im Streitfall oft durch ein Gutachten ermittelt werden. Im Rahmen der Schadensschätzung werden oft die Tabellen von Schulz-Borck/Pardey zu Hilfe genommen.

Ist der Geschädigte aufgrund der unfallbedingten Verletzungen nicht mehr in der Lage den Haushalt zu führen, so entsteht ein Ersatzanspruch. Es muss die durchschnittlich für die Haushaltsführung aufgewendete Zeit ermittelt werden. Aus den Eckdaten Haushaltsgröße und Berufstätigkeit kann mit Hilfe von Tabellen die durchschnittlich für den Haushalt aufgewendete Zeit ermittelt werden (vgl. Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Pardey).

Im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ist der in der Tabelle 1 von Schulz-Borck/Pardey angegebene Arbeitszeitbedarf zugrunde zu legen (BGH NJW 1988, 1783, 1784; OLG Oldenburg, Schaden-Praxis 2001, 196). Dieser beträgt beispielsweise bei einem 2-Personen-Haushalt der normalen Anspruchsstufe 3 bei Erwerbstätigkeit beider Ehegatten 43,1 Stunden pro Woche. Hierbei entfällt der überwiegende Teil der Arbeit mit 58,3 % auf die Ehefrau (vgl. Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Pardey). Auf die Frau entfallen 25,13 Stunden an wöchentlichem und somit 3,59 Stunden an täglichem Arbeitszeitaufwand.

Wenn die Frau in ihrer Leitungsfunktion den Haushalt betreffend nicht beeinträchtigt ist, kann lediglich eine ähnlich BAT X Entwicklungsstufe 4 zu vergütende Ersatzkraft beansprucht werden. Es ist somit von einer Nettovergütung von 11,00 € pro Stunde auszugehen. Eine akute Wirbelsäulenverletzung schränkt die Haushaltsführungsfähigkeit im Durchschnitt auch nur zu 22 % ein (vgl. Tabelle 7.1 bei Schulz-Borck/Pardey). Der Frau steht somit nach Schulz-Borck/Pardey ein Schadensersatzbetrag von 8,67 € täglich zu.

Je nach Verletzung variieren die Möglichkeiten sich noch selbst an der Haushaltsführung zu beteiligen. Bei einer Querschnittslähmung geht man von ca. 80 % (rollstuhlfähige Paraplegie) bis zu 98 % (Tetraplegie) Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit aus. Bei einer Querschnittslähmung kann man von einer dauerhaften Beeinträchtigung ausgehen. Weiter ist davon auszugehen, dass man unter normalen Umständen bis ins hohe Alter seinen Haushalt selbst geführt hätte. Wenn man obiges Beispiel mit einer „einfachen“ Querschnittslähmung rechnet (3,59 Stunden täglich x 11,00 €/Stunde x 80 % Minderung) kommt man in unserem Beispiel bereits auf einen Ersatzbetrag von 31,59 € täglich. Rechnet man diesen Betrag über die kommenden 30 Jahre, so ergibt sich ein stattlicher Betrag, der das Schmerzensgeld bei weitem übertreffen wird.

Tipp vom Fachanwalt: An diesem Punkt gilt es nicht nur hart zu verhandeln, sondern auch genau abzuwägen, welcher Bedarf besteht und ob der Punkt komplett abgefunden werden sollte.

4. Kann der Verletzte eine Umschulung vom Schädiger ersetzt verlangen?

Nicht nur der Geschädigte kann vom Schädiger eine Umschulung verlangen. Der Geschädigte ist vielmehr im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht verpflichtet seine verbliebene Arbeitskraft einzusetzen. Hier kann sogar der Schädiger verlangen, dass der Geschädigte umschult. Ist die Umschulung allerdings so erfolgreich, dass der Geschädigte in seinem neuen Beruf mehr verdient als im vorherigen Beruf, so soll dies nach Ansicht der Rechtsprechung den Schädiger nicht entlasten. Der Mehrverdienst wird nicht auf andere Bereiche des Schadens angerechnet. Dies gilt sogar dann, wenn der Unfallverursacher oder seine Haftpflichtversicherung die Umschulung finanziert haben.

5. Kann die Mithilfe bei Bauprojekten ersetzt verlangt werden?

Es handelt sich hier um ersatzfähigen Schaden im Rahmen der Rechtsprechung, wenn ein Bauherr verletzungsbedingt die von ihm im Rahmen des Hausbaus vorgesehenen Eigenleistungen nicht erbringen kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass zum Zeitpunkt des Unfalls bereits geplant war ein Haus zu kaufen und entsprechende Bauarbeiten selbst zu erbringen.

Selbiges gilt auch für Renovierungsarbeiten entsprechend.

Tipp vom Fachanwalt: Geplant ist eine Stufe vor „Ausführungen bereits begonnen“ bzw. beim Notar schon unterschrieben. Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist ausreichend.

6. Kann bislang unentgeltlich geleistete Arbeit des Verletzten im Familienbetrieb ersetzt verlangt werden?

Sollte der Verletzte ein „ganz normales“ Beschäftigungsverhältnis im Betrieb des Partners haben, so ergeben sich keine Besonderheiten im Rahmen der Regulierung des Personenschadens.

War die Arbeit im Betrieb werthaltig und ist für eine unterhaltsberechtigte Person erfolgt, so ist sie immer dann zu ersetzen, wenn es sich um eine Mitarbeit handelt die im Rahmen des Familienunterhalts erbracht wurde. Als Rechtsgrund kann hier beispielsweise die eheliche Beistandspflicht gem. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB angeführt werden.

7. Wird auch die unentgeltliche Mitarbeit in familienfremden Betrieben durch den Betroffenen ersetzt?

Nicht ersetzt wird der Schaden der im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder allgemein gesprochen in einem familienfremden Betrieb entsteht. Hier hat der Geschädigte selbst gerade keinen Schaden, keine ersatzfähige Vermögenseinbuße. Der Schaden liegt bei einem Dritten, nämlich dem Lebenspartner. Die negativen Vermögensfolgen müssen aber beim Geschädigten liegen, damit diese nach §§ 842, 843 BGB zu ersetzen sind.

8. Hat der Schädiger auch bislang ehrenamtlich geleistete Dienste des Verletzten zu entschädigen?

Wer zugunsten Dritter unentgeltliche Leistungen erbringt oder für Arbeiten lediglich eine Aufwandsentschädigung erhält kann keinen Ersatz verlangen. Es gilt das zum familienfremden Betrieb Gesagte entsprechend. Der Schaden liegt bei einem Dritten. Die negativen Vermögensfolgen müssen aber beim Geschädigten liegen, damit diese nach §§ 842, 843 BGB zu ersetzen sind.