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Schadensregulierung Personenschäden

Schadenersatzansprüche Dritter beim Tod von Personen bei Unfällen

Werden Menschen bei Unfällen getötet, so stellt sich nach der ersten Trauer oft die Frage nach der Ersatzpflicht. Ist dem Grunde nach geklärt, wer zu wie viel Prozent für das Schadensereignis verantwortlich ist, so stellt sich danach weiter für die Angehörigen oft die nicht einfach zu beantwortende Frage, welche Positionen im Rahmen der Ersatzpflicht vom Schädiger zu erstatten sind.

Selbst wenn bekannt ist, was vom Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherung verlangt werden kann, so scheitern oftmals Ansprüche der Hinterbliebenen an den im Streitfall notwendigen Nachweisen. Ansprüche gehen verloren, da es in der Natur des Menschen liegt, dass Erinnerungen verblassen und Belege untergehen.

Um dem entgegen zu wirken möchten wir Ihnen weitere Informationen und Erläuterungen zu folgenden Themenkomplexen geben:

  1. Hinterbliebenengeld § 844 Abs. 3 BGB
  2. Schmerzensgeldansprüche eines Toten
  3. Gesundheitsschäden durch Schock bei den Angehörigen
  4. Unterhaltsansprüche von Angehörigen
  5. Ersatzfähigkeit von Beerdigungskosten

1. Haben Angehörige eines Getöteten einen Ersatzanspruch für erlittenes Leid und empfundene Trauer?

Im Jahr 2017 wurde vom Gesetzgeber der § 844 Abs. 3 BGB neu eingeführt. Bis dahin gab es keinen Anspruch von Hinterbliebenen wegen der empfundenen Trauer und des empfundenen Leids nach dem Tod eines ihnen nahestehenden Menschen.

Ist die Verletzung, welche zum Tod geführt hat, (nicht die Todesfolge selbst) nach dem 22.07.2017 eingetreten (vgl. EGBGB 229 § 43), so steht dem Hinterbliebenen ein eigener Anspruch auf eine Geldzahlung zu, wenn, er zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll derjenige, der den Tod eines Menschen verursacht, dess Hinterbliebenen eine angemessene Entschädigung in Geld bezahlen.

Der Anspruch steht all denjenigen zu, die zu dem Getöteten in einem besonderen Näheverhältnis standen. Dieses Näheverhältnis wird bei Eltern und Kindern oder Ehegatten bzw. Lebenspartnern gesetzlich vermutet. Das Näheverhältnis kann aber auch zu allen anderen Personen bestanden haben, es ist lediglich nachzuweisen, dass es vorhanden war (nichteheliche Lebensgemeinschaft, Dreigenerationenhaus, Patchworkfamilien usw.).

Die Höhe der Zahlung orientiert sich am persönlich empfundenen Leid und der durchlittenen Trauer. Es werden in den Urteilen in der Regel Beträge zwischen 5.000,- € und 25.000,- € gegen den Verursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung zugesprochen.

2. Hat ein Verstorbener einen Schmerzensgeldanspruch?

Das deutsche Recht kennt keine Norm, die einen Schadenersatz für den erlittenen Tod oder die Verminderung der Lebenserwartung gewähren würde. Eine Schmerzensgeldrente ist nicht einmal zu erhöhen, wenn eine verkürzte Lebenserwartung vorliegt (vgl. OLG Hamm Urteil vom 11.09.2002 Aktenzeichen 9 W 7/02). Diese ist sogar ein Grund für eine Minderung des Schmerzensgeldes. Der unmittelbare Tod des Verletzten schließt ein Schmerzensgeld aus.

Verstirbt die verletzte Person erst zeitversetzt zu dem Unfall, so kann ein Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten für die bis zu seinem Tod erlittenen Schmerzen bestehen, der auf die Erben übergeht. Es müssen vom Tod als Solchem abgrenzbare Beeinträchtigungen vorliegen. Schließt sich an den Unfall eine Bewusstlosigkeit an, die dann in den Tod übergeht, so geht die Rechtsprechung ebenfalls davon aus, dass kein oder nur ein sehr geringer Schmerzensgeldanspruch besteht.

Ansonsten gelten die gleichen Bemessungsfaktoren wie für das Schmerzensgeld eines den Unfall Überlebenden.

Auch in diesem Bereich sind die in Deutschland zu bezahlenden Schmerzensgeldansprüche gering. Ein ansprechbares und über seinen Zustand sich im Klaren befindliches, lebensgefährlich verletztes Unfallopfer bzw. dessen Erben erhielten lediglich 15.000,- € nach dem Tod nach 32 Tagen auf der Intensivstation. Beim Tod nach ununterbrochenem Koma von 8 Tagen wurde ein Schmerzensgeld von 5.000,- € zugesprochen.

3. Können Angehörige einen eigenen Schmerzensgeldanspruch geltend machen, wenn sie einen Schock erleiden?

Neben dem Anspruch auf Hinterbliebenengeld können dem Getöteten nahe stehende Personen zusätzlich einen sog. „Schockschaden“ erleiden, den der Schädiger unter bestimmten Bedingungen zu ersetzen hat. Hierbei handelt es sich nicht um einen Drittschaden, sondern um einen originären Anspruch des Angehörigen.

Ersatzpflichtig können in diesem Zusammenhang das Miterleben des Unfalls, das Sehen der Unfallfolgen oder die Nachricht vom Unfall sein.

Um ersatzfähig zu sein muss der Schock nicht nur eine normale Reaktion auf den Unfalltod des Angehörigen sein, sondern darüber hinausgehen. Entwickelt der Geschädigte aufgrund der Nachricht vom Tod des Angehörigen eine Psychose, Neurose oder Depression, so ist die Grenze zur normalen Trauer überschritten. Die Reaktion muss darüber hinaus verständlich sein (z.B. Miterleben des Todes). Es ist auch weiter auf eine objektive Reaktion abzustellen. Subjektive Schadensgeneigtheit und besondere Sensibilität werden nicht berücksichtigt.

Die Rechtsprechung ordnet die einfache Nachricht vom Tod des nahen Angehörigen dem allgemeinen Lebensrisiko zu. Nach Ansicht der Rechtsprechung muss man mit so etwas umgehen können, da die Intention des Gesetzgebers für den Tod des Angehörigen keinen Ersatz zuzusprechen nicht dadurch umgangen werden soll, dass die durch die Nachricht des Todes normalerweise erfolgende Reaktion einen Anspruch auslöst.

4. Welche Unterhaltsansprüche haben die Hinterbliebenen bei Unfalltoten?

Man ist seinen Angehörigen zum Unterhalt verpflichtet. Fällt diese Unterhaltsverpflichtung durch den Tod weg, so ist derjenige, der den Tod verursacht hat zum Ersatz des Unterhalts verpflichtet. Es ist hier zwischen Barunterhaltsschaden und Betreuungsunterhaltsschaden zu unterscheiden.

Unter Barunterhaltsschaden versteht man den Geldbetrag, mit dem der Verstorbene für den Lebensunterhalt der Hinterbliebenen gesorgt hätte. Je nach Sachlage kann der Barunterhaltsschaden konkret oder fiktiv berechnet werden.

Unter Betreuungsschaden wird der Ausfall an höchstpersönlicher Arbeit für die Familie und den Haushalt verstanden. Als Synonym wird auch häufig der Begriff „Naturalunterhalt“ verwendet. Auch dieser Schaden kann fiktiv oder konkret berechnet werden.

Es soll nachfolgend auf folgende Themengebiete näher eingegangen werden:

  1. Anspruchsvoraussetzungen
  2. Barunterhaltsschaden bei Tod des Unterhaltsverpflichteten
  3. Betreuungsunterhaltsschaden

1) Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass die Hinterbliebenen einen Anspruch auf Unterhalt haben?

Grundsätzlich muss zum Zeitpunkt des Unfalls bereits ein Verhältnis bestanden haben, aufgrund dessen der Getötete einem Dritten zum Unterhalt verpflichtet ist. Unterhaltsberechtigt beim Tod eines Menschen können dessen Kinder, der Ehemann bzw. die Ehefrau oder auch die Eltern sein. Durch die Vorschrift des § 844 Abs. 2 BGB wird der Schädiger verpflichtet diesen Unterhaltsanspruch anstatt des Getöteten für die Zukunft zu erfüllen. Zu ersetzen ist der gesetzlich geschuldete Unterhalt. Zu ersetzen sind alle gesetzlich geschuldeten Leistungen in Geld.

Ein Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) gehört ebenfalls zu den unterhaltsberechtigten Personen. Ein Lebenspartner im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist nicht ersatzberechtigt. Ebenfalls nicht unterhaltsberechtigt ist beispielsweise auch ein „Stiefkind“, das von der getöteten Person lediglich tatsächlich unterhalten worden ist.

Zeitlich gesehen ist der Unterhaltsanspruch der Hinterbliebenen auf die tatsächliche Unterhaltspflicht des Verstorbenen begrenzt. Bei Trennung und Scheidung von Ehegatten gilt schadensrechtlich nichts anderes als unterhaltsrechtlich. Solange der Verstorbene zum Unterhalt verpflichtet gewesen wäre, muss der Schädiger für den Unterhalt aufkommen. Es ist jedoch auch hier ggf. für die Zukunft fiktiv darauf abzustellen, ob der Verstorbene irgendwann einmal erfolgreich eine Abänderungsklage hätte führen können oder der Unterhaltsanspruch (z.B. Betreuungsunterhalt fällt weg wegen des Alters des Kindes) beendet wäre.

Insbesondere bei der Konstellation, dass der Getötete leistungsfähig und die Eltern bedürftig sind, ist auf die kurze Verjährungszeit von 3 Jahren zu achten. Es kann und muss daher bei entsprechenden Anhaltspunkten eine Feststellungsklage erhoben werden, dass das Kind seinen Eltern zum Unterhalt verpflichtet ist und der Schädiger diese Ansprüche zu erfüllen hat. Dies ist beispielsweise immer dann der Fall, wenn sich eine Pflegebedürftigkeit der Eltern abzeichnet.

2) Wie setzt sich der Barunterhaltsschaden bei einem tödlichen Verkehrsunfall zusammen?

Durch den Tod einer Person fällt dessen Einkommen aus. Aus diesem Einkommen trägt er zum Unterhalt seiner Familie bei. Es ist der konkrete Zuschnitt der einzelnen Familie und die gemeinsame Lebensplanung mit zu berücksichtigen. Es ist nur der Unterhalt für die Familie zu ersetzen. Der Bedarf des Getöteten entfällt und ist nicht zu ersetzen.

Bei Trennung und Scheidung ist die Berechnung relativ einfach. Sofern der Verunfallte bereits Barunterhalt aufgrund von einem Urteil oder Vereinbarung leistet ist diese Zahlung durch den Schädiger weiter zu leisten, solange der Unterhaltsanspruch besteht. In beide Richtungen ist zu bedenken, dass Unterhaltsbeträge nicht gleich bleiben. Es ist auch grundsätzlich wie bei Verletzungen davon auszugehen, dass eine Einkommenssteigerung des Getöten anzunehmen ist und dieser nicht sein Leben lang „auf der Stelle getreten wäre“.

Bei „intakten“ Familien ist die Berechnung weitaus schwieriger. Grundsätzlich ist hier der Unterhaltsbedarf der Hinterbliebenen (konkret oder pauschal) zu ermitteln. Hierzu sind Steuerschäden und ein Vorsorgeausfall hinzuzurechnen.

Tipp vom Fachanwalt: Insbesondere der Vorsorgeausfall bei jungen Familien ist nicht zu unterschätzen. Insbesondere bei „Einverdienerehen“ würde derjenige der in die Arbeit geht für den Ehegatten die Rentenanwartschaften mitverdienen. Die Rentenansprüche und somit die Ausgleichszahlung ist insbesondere bei jungen Paaren sehr hoch.

Abzuziehen sind der sog. Vorteilsausgleich und eventuell vorzunehmende Billigkeitsabschläge und dem Unterhaltsberechtigten zumutbare eigene Einkünfte.

Bei der Berechnung einer Abfindung bzw. einer Rente ist dann noch als weiterer Faktor die hypothetische Lebenserwartung des Geschädigten als zusätzliche zeitliche Begrenzung mit einzuberechnen.

Tipp vom Fachanwalt: Die unterhaltsrechtliche Verpflichtung z.B. nach Düsseldorfer Tabelle stellt den Mindestunterhalt dar. Auf eine derartige Berechnung kann immer noch zurückgegriffen werden, wenn die finanziellen Verhältnisse der Familie beengt sind. In der Regel liegt der konkrete und zu ersetzende Bedarf weit über dem unterhaltsrechtlich geschuldeten Bedarf.

3) Wie errechnet sich der Betreuungsschaden bei einem Unfalltod?

Unterhaltsrechtlich schuldet ein Unterhaltsverpflichteter nicht nur die Stellung von Barmitteln, sondern sofern ein gemeinsamer Haushalt vorliegt auch die Mitarbeit im Haushalt und ggf. auch die Betreuung der Kinder. Fällt diese Mitarbeit wegen der Tötung des Unterhaltsverpflichteten durch einen Unfall aus, so ist der spezifische Wert dieser Tätigkeiten ebenfalls gem. § 844 Abs. 2 BGB zu ersetzen. Es ist eine Schadensersatzrente zu bezahlen zum Ausgleich des materiellen Betreuungsschadens, die nicht der Einkommenssteuerpflicht gem. § 22 Nr. 1 EStG unterfällt.

Auch hier ist der konkrete Zuschnitt zu berücksichtigen. Art und Umfang sowie Aufteilung der Arbeiten richtet sich nach den familiären Absprachen. Es sind jedoch gewisse Grenzen durch die Angemessenheit der Leistungen und deren Erforderlichkeit zu berücksichtigen. Alter, Gesundheit und anderweitige familiäre und berufliche Verpflichtungen des Unterhaltsverpflichteten sind hierbei zu berücksichtigen.

Am einfachsten ist die Berechnung und der Ausgleich bei einer konkreten Berechnung. Wird aufgrund des Fortfalls der Mitarbeit des Unterhaltsverpflichteten eine Hilfskraft angestellt, so sind die durch die notwendige Beschäftigung der Hilfskraft entstandenen Aufwendungen brutto zu ersetzen. Zu ersetzen sind also nicht nur das Gehalt der Hilfskraft, sondern auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Die Qualifikation und Qualität sowie die Arbeitszeit der eingestellten Kraft müssen vergleichbar sein mit dem Verlust. Es besteht insoweit ein auszugleichender Vorteil, wenn beispielsweise für die getötete Mutter eine Hauswirtschaftsmeisterin in Vollzeit beschäftigt wird.

Aber auch der Betreuungsschaden wird oftmals kapitalisiert und durch eine Einmalzahlung abgefunden. Die Ersatzpflicht ist nämlich unabhängig davon, ob für den Verlust der Arbeitsleistung des Getöteten tatsächlich eine Ersatzkraft angestellt wird oder der Ausfall anderweitig kompensiert wird. Der Schaden ist hierbei zu schätzen. Für die Schätzung können beispielsweise spezielle Tabellen verwendet werden. Im Rahmen des Haushaltsführungsschadens bei Verletzten haben wir hier schon einige Erläuterungen gegeben. Um Wiederholungen zu vermeiden verweisen wir auf unsere Ausführungen bei Verletzten.

Es ist grob gesagt zu erst festzustellen, was an Arbeitszeit für die Familie durch die Tötung des Unterhaltsverpflichteten konkret verloren gegangen ist.

Tipp vom Fachanwalt: Sämtliche Tabellen und in Anlehnung daran die Rechtsprechung gehen davon aus, dass jede Person im Haushalt mithilft. Nach den einschlägigen Tabellen erbringen auch Alleinverdiener und Kinder erhebliche Arbeitsleistungen im Haushalt, die auszugleichen sind. Es ist somit ein lebenslanger Anspruch gegeben, der kapitalisiert eine hohe Abfindungssumme ergibt.

Danach ist die Arbeitsleistung in der verlorengegangenen Qualität einzugruppieren. Die Einordnung wird analog des Bundesangestelltentarifvertrags BAT vorgenommen. Der sich daraus ergebende Wert wird auf die einzelnen Unterhaltsberechtigten verteilt, da deren Anspruch mit dem eigenen Tod bzw. der Volljährigkeit endet. Die Berechnung ist daher je nach Lebensabschnitt anzupassen und neu vorzunehmen bzw. bei der Abfindung entsprechend zu berücksichtigen.

5. Sind die Beerdigungskosten eines Unfallopfers ersatzfähiger Schaden?

Stirbt ein Mensch bei einem Unfall, so hat derjenige der den Unfall verursacht hat bzw. dessen Haftpflichtversicherung gem. § 844 Abs. 1 BGB die Kosten der Beerdigung zu ersetzen.

Unter die Kosten der Beerdigung fallen:

Nicht unter die Beerdigungskosten fallen:

Der Anspruch steht demjenigen zu, der kraft Gesetzes für die Beerdigungskosten aufzukommen hat. Dies sind in der Regel die Erben. Die Beerdigungskosten sind ggf. um den Mitverschuldensanteil des Verstorbenen an dem Unfall zu kürzen. Die Höhe der Beerdigungskosten ist wieder einmal durch den vorher gepflegten Lebensstil und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten begrenzt.

Tipp vom Fachanwalt: Es wird in der Regel von Haftpflichtversicherern eine Pauschale von 5.000,- € für Beerdigungskosten bezahlt. Mit etwas Argumentation auf den Lebensstandard und die Gepflogenheiten der Familie ist auch eine pauschale Zahlung von 7.500,- € möglich, so dass man sich zumindest nicht über die Angemessenheit der Beerdigung und der damit einhergehenden Kosten mit der gegnerischen Versicherung streiten muss.