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Schadensregulierung Personenschäden

Weitere Ansprüche von Verletzten neben dem Schmerzensgeld

Werden Menschen an der Gesundheit verletzt, so lautet zwar die erste Frage immer, „was steht mir an Schmerzensgeld zu?“, jedoch gibt es eine Reihe von weiteren Ansprüchen, die der Verletzte neben dem Schmerzensgeld geltend machen kann. Insbesondere sind bei schweren Verletzungen mit Dauerfolgen diese weiteren Ansprüche nicht zu vernachlässigen, da sie oft das eigentliche Schmerzensgeld weit übersteigen.

Um dem entgegen zu wirken möchten wir Ihnen weitere Informationen und Erläuterungen zu folgenden Themenkomplexen geben:

  1. Gesundheitsschaden im engeren Sinne: Heilbehandlungskosten und zusätzliche nicht von der Krankenkasse übernommene Heilbehandlungskosten
  2. vermehrte Bedürfnisse für erhöhte Lebenshaltungskosten, berufliche Rehabilitation, Pflegekosten, Pflegemittel (Rollstuhl), erhöhte Kosten zur Aufrechterhaltung der Mobilität, Kosten des behindertengerechten Umbaus der eigenen Wohnung

A. Was muss der Schädiger bzw. die Versicherung zur Wiederherstellung der Gesundheit bezahlen?

Grundsätzlich muss der Schädiger alles bezahlen, was zur Wiederherstellung der Gesundheit beiträgt. Eine Gesundheitsstörung im weiteren Sine löst einen Wiederherstellungsanspruch aus. Dieser umfasst die Kosten ambulanter und stationärer ärztlicher Behandlung und den gesamten Aufwand, der dazu dient, dass das verletzungsindizierte Leiden gemindert oder aufgehoben wird.

Hierunter fallen:

Bei Gesundheitsschäden gilt das in § 251 Abs. 2 BGB aufgestellte Wirtschaftlichkeitsgebot nicht. Solange es um die Wiederherstellung der Gesundheit geht überwiegt das Erhaltungs- und Wiederherstellungsinteresse der verletzten Person das Interesse des Schädigers auf Schadensminderung. Dies schließt nicht nur die primäre Heilung, sondern auch Folgekosten, beispielsweise für Schönheitsoperationen zur Entfernung von Narben oder teure ärztliche Eingriffe mit ungewissem Ausgang und geringer Heilungschance mit ein. Nur unvernünftige und aller Lebenserfahrung widersprechende Heilbehandlungen sind nicht zu ersetzen.

Eine Einschränkung besteht weiter dahingehend, dass Maßstab für die Grenze und Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Heilbehandlungskosten die Art der Verletzung und der eigene Lebensstandard des Verletzten sind (Stichwort: privatärztliche Behandlungskosten). Konkret bedeutet dies, dass derjenige der lediglich gesetzlich versichert ist auch im Falle eines Unfalls erst einmal keinen Anspruch auf eine Chefarztbehandlung bzw. privatärztliche Behandlung hat. Etwas anderes gilt, wenn der behandelnde Arzt im Krankenhaus die Zuziehung des Oberarztes oder Chefarztes für erforderlich hält. Unterhält jemand jedoch eine private Krankenversicherung mit Chefarztbehandlung oder hat sich bislang immer vom Chefarzt behandeln lassen, so ist auch im Falle eines Unfalls von der gegnerischen Versicherung eine entsprechende Behandlung durch den Chefarzt zu bezahlen. Der Verletzte muss sich also an dem Standard der Behandlung orientieren, den er auch in einem Fall ohne Schädiger wählen würde.

Im Einzelnen soll auf folgende Punkte bei den Heilbehandlungskosten näher eingegangen werden:

  1. zusätzliche Ersatzansprüche bei nahen Verwandten
  2. Ersatzfähigkeit alternative Heilbehandlungsmethoden
  3. Schadensminderungspflicht
  4. Vorschäden
  5. Zweckbindung
  6. Behandlungspflicht
  7. private Krankenversicherung

1) Steht mir für den Besuch von nahen Verwandten ein Ersatzanspruch zu?

Wenn Besuche naher Verwandter die Heilung positiv beeinflussen und insoweit auch zu einem gewissen Grad unvermeidbar sind werden Kosten für die Fahrt, ggf. Übernachtung und Verpflegungsmehraufwendung und sogar Verdienstausfall übernommen. Eine derartige Notwendigkeit wird beispielsweise immer bei schwereren Verletzungen von Kindern angenommen. Je nach Alter des Kindes und der erlittenen Verletzung sind Elternbesuche oder sogar die dauernde Anwesenheit eines bzw. beider Elternteile im Krankenhaus entsprechend ersatzfähig. Auch diese Kosten gehören bei kleinen Kindern zu den Heilbehandlungskosten.

Gleiches gilt für die Kosten des Besuchs von Ehegatten. Bei einem erwachsenen Mann ist es jedoch bei weitem weniger erforderlich, dass die Ehefrau den ganzen Tag an seinem Bett im Krankenhaus verbringt, als es bei der Mutter eines kleinen Kindes der Fall ist. Hier ist wieder eine Einzelfallabwägung erforderlich.

2) Werden Heilpraktikerkosten nach einem Unfall ersetzt?

Das Landgericht München (LG München, Az. 5 O 1837/09) hat entschieden, dass die Kosten des Heilpraktikers zu ersetzen sind, wenn es sich um einen staatlich anerkannten Heilpraktiker handelt und die Behandlung nachweislich zur Linderung der Schmerzen bzw. zur Verbesserung des Gesundheitszustandes beigetragen hat.

Die Richter führten in der Begründung aus, dass auch die Kosten für „medizinische Außenseitermethoden“ zu ersetzen sind, wenn auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse eine Chance auf Linderung, Heilung oder Prävention besteht. Sollte die Behandlung beim Heilpraktiker diese Voraussetzungen erfüllen, so ist sie zu bezahlen.

Insoweit ist es nicht weiter relevant, ob die gesetzlichen Krankenkassen Behandlungen von Heilpraktikern in ihrem Leistungskatalog aufgenommen haben. Insoweit könnte lediglich relevant sein, ob der Verletzte bereits bisher privat die Leistung von Heilpraktikern in Anspruch genommen hat, obwohl die Kasse diese Leistungen nicht ersetzt.

3) Verstoße ich gegen die Schadensminderungspflicht, wenn ich nicht gleich zum Arzt gehe? Verstoße ich gegen die Schadensminderungspflicht, wenn ich zuerst zum Heilpraktiker gehe?

Wenn bei Art und Schwere der Verletzung die Konsultation eines Arztes nicht „offenkundig geboten“ ist, verstößt der Geschädigte nicht gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er erstmals eine alternative Heilbehandlung versucht. Dies gilt selbst dann und insbesondere dann, wenn sich durch die erst zeitverzögert erfolgte Behandlung bei einem Schulmediziner Komplikationen ergeben sollten.

Der Verletzte hat eine gewisse zeitliche Dispositionsfreiheit. Dies schließt auch die Freiheit ein sich nicht sofort in ärztliche Behandlung zu begeben, sofern dies nicht „offensichtlich geboten“ erscheint.

4) Gibt es Besonderheiten, wenn ich schon eine Verletzung oder einen Vorschaden habe?

Grundsätzlich sind hier zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Fall 1: Eine akute Verletzung die durch den Unfall nochmals verstärkt wird.
Hier ist die Frage ob der Verletzte sich bereits wegen spezifischer Beschwerden in Behandlung befindet und diese Beschwerden ggf. verstärkt werden. Hierzu werden ggf. Gutachten eingeholt.

Fall 2: Ein gewisser Verschleiß ist bereits vorhanden (Bandscheiben spröde und rissig) und die eigentliche Symptomatik (Bandscheibenvorfall, Operation und Schmerzen) tritt nur anlässlich des Unfalls auf.

Die Fragen zu überholender Kausalität einerseits und haftungsausfüllender Kausalität andererseits sind schwierig und teilweise auch oft Wertungsfragen. Gleiches gilt für die hypothetische Kausalität.

Grundsätzlich und vereinfacht gesprochen gilt, dass kein Schädiger verlangen kann einen kerngesunden Geschädigten anzutreffen. Man muss den Unfallgegner so nehmen wie er ist. Man kann nicht sagen, dass der Geschädigte besonders schwere Verletzungen davongetragen hat, die ein gesunder Mensch nicht erlitten hätte. Sprich: Die individuelle Konstitution der verletzten Person, die den Schaden erst ermöglicht ist keine den Schädiger oder dessen Versicherung entlastende Reserveursache.

Andererseits soll der Geschädigte grundsätzlich durch den Unfall auch nicht besser stehen, als er ohne Unfall stehen würde. Sollte also der Gegner beweisen können, dass durch eine hypothtische Ursache der gleiche Schaden ggf. zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten wäre, so ist eine Ersatzpflicht lediglich zu den früher auftretenden Nachteilen bzw. bis zum Zeitpunkt der hypothetischen Reserveursache gegeben (in unserem obigen Beispiel der Zeitpunkt an dem sowieso eine Bandscheibenoperation, Berufsunfähigkeit etc. eingetreten wäre)

5) Kann ich mir meine Behandlungskosten auszahlen lassen?

Behandlungskosten sind zweckgebunden und können nicht ausgezahlt werden. Die dogmatische Begründung liegt darin, dass Behandlungskosten lediglich bei Behandlungsbedürftigkeit und einer entsprechenden Absicht des Verletzten die Behandlung auch durchzuführen zu ersetzen sind.

Hier unterscheidet sich die Regulierung des Personenschadens klar von Sachschäden. Der Geschädigte kann jederzeit sein Auto unrepariert weiterfahren und sich die Reparaturkosten auszahlen lassen. Er kann aber nicht auf eine kosmetische Operation zur Narbenkorrektur verzichten und sich die Arzt- und Krankenhauskosten auszahlen lassen.

6) Muss ich jeder Behandlung zustimmen?

Grundsätzlich ist gibt es natürlich keine „Zwangsbehandlung“.

Die sich stellende Frage ist jedoch immer, ob der Geschädigte vollen Ersatz für Berufsunfähigkeit oder Dauerschäden verlangen kann, obwohl es die Möglichkeit der Behandlung der Verletzung gegeben hat, die der Verletzte aus welchen Gründen auch immer abgelehnt hat.

Maßgeblich hierfür ist, ob es für den Verletzten zumutbar ist sich einer entsprechenden Behandlung zu unterziehen.

Die Behandlung oder meist Operation ist zumutbar, wenn sie gefahrlos und einfach ist. Durch die Behandlung muss eine sichere Aussicht auf Heilung oder zumindest Besserung bestehen. Sie darf auch nicht mit besonderen Schmerzen verbunden sein.

Es ist von der Rechtsprechung klargestellt, dass es in diesem Zusammenhang lediglich auf die medizinische Anschauung ankommt. Religiöse oder weltanschauliche Meinungen, die gegen Operationen, Blutkonserven etc. gerichtet sind haben insoweit außer Betracht zu bleiben. Es kommt auf den Rat des behandelnden Arztes an und nicht auf die objektive Meinung eines Sachverständigen im Prozess. Der Geschädigte hat nämlich nur die Möglichkeit den behandelnden Arzt zu konsultieren und sich aufgrund dessen Aussagen eine Meinung zu bilden.

Es genügt somit nicht, dass eine entsprechende Behandlung lediglich medizinisch indiziert wäre und vom Arzt angeraten wird. Die Behandlung muss die oben genannten Kriterien erfüllen.

7) Gibt es bei Unfällen Besonderheiten die zu beachten sind, wenn der Verletzte eine private Krankenversicherung hat?

Die Behandlungskosten sind vom Schädiger zu ersetzen. Im Fall der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. Sozialversicherung ist von Gesetzes wegen ein Forderungsübergang vorgesehen, damit der Schädiger einerseits nicht unnötig entlastet und der Leistungen erbringende Sozialversicherungsträger nicht auf seinen Kosten sitzen bleibt. Dies nennt man Legalzession. Im Fall der Krankenkasse ist dieser gesetzliche Forderungsübergang in § 116 SGB X geregelt. Der Geschädigte kann daher von vornherein nicht über diese Schadenspositionen verfügen, da sie von Gesetzes wegen auf den jeweiligen Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Eine derartige Regelung fehlt bei privaten Krankenversicherungen. Der Geschädigte hat mit der privaten Krankenversicherung einen Vertrag. Erbringt die private Krankenversicherung nun Leistungen, so kann auch die private Krankenkasse bei dem Schädiger Regress nehmen, aber grundsätzlich steht die Forderung als solche dem Geschädigten zu.

Auch hier gilt wieder, dass eine Momentaufnahme nicht weiter tragisch ist. Probleme entstehen dann, wenn Dauerschäden und Folgekosten auftreten. Einerseits verjähren die Ansprüche innerhalb der regulären Verjährungszeit nach 3 Jahren. Das heißt, dass ein Geschädigter, auch wenn er sich dauerhaft in Behandlung befindet nach 3 Jahren keine Ansprüche mehr auf Ersatz seiner Behandlungskosten hätte. Andererseits kann der Geschädigte im Rahmen von Vergleichsverhandlungen und bei Abfindungsvergleichen über die Position Behandlungskosten verfügen. Dies tut der Geschädigte in der Regel nicht bewusst. Bei einer globalen Abfindung ( „Der Schädiger zahlt zur Abgeltung aller Forderungen einen Betrag X“ oder ähnlichen Formulierungen) sind allerdings auch die Behandlungskosten mit abgefunden.

Der Geschädigte wird von seiner privaten Krankenkasse jedoch auch keine Leistungen mehr für die unfallbedingten Verletzungen erhalten, da diese unter Verweis auf die allgemeinen Vertragsbedingungen leistungsfrei ist. Der Geschädigte hat nämlich Obligenheiten nicht erfüllt und dem Versicherer mit dem Vergleich und der Abfindung die Regressmöglichkeit genommen.

Tipp vom Fachanwalt: Im Falle einer privaten Krankenversicherung die Behandlungskosten immer bei Vergleichen und Verhandlungen über Abfindungen ausnehmen und auf die Verjährungsproblematik achten!

2. Was versteht man unter vermehrten Bedürfnissen im Rahmen von Personenschäden?

In § 843 BGB wird explizit klargestellt, dass vermehrte Bedürfnisse, die aus der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit entstehen, zu ersetzen sind.

Unter vermehrte Bedürfnisse fällt alles, was zur Wiederherstellung des körperlichen Wohlbefindens erforderlich ist. Nachdem dies in Fällen schwerer Verletzungen wie einer Querschnittslähmung nicht gänzlich gelingt ist den verletzungsbedingt geänderten Lebensumständen dahingehend Rechnung zu tragen, dass versucht wird ein Dauerleiden zu lindern oder zumindest eine Verschlechterung zu verhindern. Die dauernde Beeinträchtigung des Wohlbefindens gibt sowohl einen Anspruch gem. §§ 249, 251 BGB auf eine einmalige Zahlung, als auch gem. § 843 Abs. 1 BGB auf wiederkehrende Rentenzahlungen. Meist verständigen sich die Parteien jedoch auf eine einmalige Kapitalabfindung.

Vermehrte Bedürfnisse können in folgenden Bereichen entstehen:

  1. Hilfsmittel
  2. Mobilität
  3. Pflege oder Heimunterbringung
  4. Wohnmehrbedarf
  5. Kommunikation
  6. Freizeit, Kultur und Urlaub
  7. Ersatzansprüche von Rollstuhlfahrern und bei Querschnittslähmung

1) Welche Ansprüche auf Hilfsmittel hat ein Geschädigter nach einem Unfall?

Anschaffungskosten für orthopädische oder technisch erforderliche Hilfsmittel hat der Schädiger bzw. seine Haftpflichtversicherung nach einem Unfall zu bezahlen.

Hierunter fällt beispielsweise klassisch der Rollstuhl, ein Krankenbett, ein Badlifter oder auch nur Krücken. Es müssen auch alle Kosten beispielsweise für einen Blindenhund ersetzt werden. Reparaturen und Neuanschaffungen sind ebenfalls zu ersetzen. Zu diesem Zweck wird eine sog. Fortsetzungsfeststellungsvereinbarung getroffen, da ansonsten Ansprüche aus einem Unfall nach 3 Jahren verjähren können.

Tipp vom Fachanwalt: Bei Abfindungsvereinbarungen ist daher Vorsicht geboten, denn diese Kosten können auf Dauer extrem hoch werden.

2) Was kann an zusätzlichen Zahlungen für die Aufrechterhaltung der Mobilität verlangt werden?

Es müssen beispielsweise die Anschaffungs- oder Umbaukosten für ein der Behinderung entsprechendes Fahrzeug bezahlt werden. Bei einer Querschnittslähmung sind teure Umbauten am Fahrzeug notwendig, damit der Behinderte einerseits seinen Rollstuhl selbst verstauen und andererseits das Fahrzeug sicher führen kann.

Bedarf es zusätzlicher Dienste eines Angehörigen, weil ansonsten die Mobilität des Verletzten eingeschränkt ist, so sind auch diese zu bezahlen. Die Entschädigung für Angehörige wird auch in den Bereichen, in denen sich ein Behinderter beispielsweise mit seinem Rollstuhl gut selbst versorgen kann, vollkommen ausgeschlossen sein.

Weiter kommen Wartungskosten für die speziell wegen der Behinderung angeschafften Technik in Betracht.

Bei Menschen, die bislang kein eigenes Fahrzeug besessen und beispielsweise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren sind, wären durch die Behinderung entstehende Zusatzkosten, beispielsweise Mehrkosten für das Rolli-Cap anstatt des Busses zu ersetzen.

Tipp vom Fachanwalt: All diese Punkte gilt es insbesondere bei Vergleichsverhandlungen und Abfindungszahlungen zu berücksichtigen, da es sich um das ganze Leben wiederkehrende Posten handelt, die schnell einen Betrag erreichen können, der durch ein gut verhandeltes Schmerzensgeld nicht kompensiert werden kann bzw. zusätzlich anfällt.

3) Was gilt es bei Unterbringung im Heim oder bei den Pflegekosten zu beachten?

Ist die Verletzung so stark, dass der Verletzte sich nicht mehr selbst versorgen kann und in einem Heim oder Pflegeeinrichtung untergebracht werden muss, so sind die Heim- oder Pflegekosten durch den Schädiger und seine Versicherung zu bezahlen. Der Geschädigte hat sich darauf seine ersparten Aufwendungen für eine eigene Wohnung und Lebenshaltungskosten anrechnen zu lassen. Die Höhe hängt von dem jeweiligen Einzelfall und Verhandlungsgeschick ab.

Durch den Heimaufenthalt entstehen vermehrte Kosten persönlicher Betreuung durch Besuchsfahrten. Die Besuchsfahrten von Freunden und Angehörigen sind in gewissem Umfang vom Schädiger zu ersetzen.

4) Was kann beispielsweise nach einer Querschnittslähmung an Wohnmehrbedarf verlangt werden? Wer bezahlt den Umbau der Wohnung oder einen Umzug?

Nach einem schweren Unfall kommt es häufig zu vermehrten Bedürfnissen im Bereich des Wohnens. Exemplarisch soll dies anhand von Querschnittslähmung und einem Rollstuhlfahrer dargestellt werden, da hier der Mehrbedarf besonders plakativ ist.

Grundsätzlich kommt bei Mehrbedarf für Wohnung des Behinderten einerseits ein flächenmäßiger Mehrbedarf in Betracht und andererseits muss die Wohnung für einen Rollstuhlfahrer mit baulichen Sonderausstattungen versehen werden.

Die Fläche, die ein behinderter Mensch beispielsweise im Bad benötigt ist viel größer, als die Fläche, die ein nicht behinderter Mensch benötigt. Einerseits sind oftmals eine Reihe von Geräten wie beispielsweise ein Badewannenlifter notwendig, um eine eigenständige Lebensführung zu ermöglichen. Andererseits benötigt ein Rollstuhlfahrer auch einfach Platz zum Wenden oder um seinen Rollstuhl abzustellen.

Kann der Mehrbedarf in der alten Wohnung nicht gedeckt werden, so sind erhöhte Mietkosten für eine größere bzw. behindertengerechte Wohnung zu erstatten. Die Ersatzpflicht geht weiter über die Umzugskosten und dergleichen.

Auch die Kosten für den Umbau der eigenen Wohnung in eine behindertengerechte Wohnung sind vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung zu ersetzen. Die Erstattungspflicht ist insoweit nicht beschränkt. So kann beispielsweise auch verlangt werden, dass der Garten so gestaltet wird, dass der Rollstuhlfahrer den Garten wieder benutzen kann. Die Rechtsprechung ging teilweise sogar soweit, dass der Bau eines Schwimmbads für erstattungsfähig gehalten wurde, was jedoch grenzwertig erscheint. Der Ersatz der Kosten für einen Aufzug oder die Verbreiterung der Türen, Veränderungen des Eingangs o.ä. um die Wohnung rollstuhlgerecht zu machen, sind jedoch zweifellos zu ersetzen. Ein Mensch mit Querschnittslähmung hat beispielsweise Bedarf an Stütz- und Haltevorrichtungen oder besonderen Bodenbelägen. Es braucht eine längere Zeit für einen Rollstuhlfahrer aus dem Auto auszusteigen und in seinen Rollstuhl umzusteigen. So wurde es beispielsweise von den Gerichten als erstattungsfähig angesehen, dass in die Garage eine Heizung als Mehrbedarf auf Kosten des Schädigers eingebaut wird.

Tipp vom Fachanwalt: Zu beachten ist allerdings, dass nur tatsächliche Mehrbedarfskosten erstattungsfähig sind. Dies heißt aber nicht, dass man im Rahmen von Verhandlungen diese Punkte nicht ansprechen und ggf. vergleichsweise abfinden kann.

5) Was kann an erhöhten Kommunikationskosten verlangt werden?

Bei den Kommunikationskosten ist nicht das Telefon als solches zu verstehen. Hier geht es bei Fällen schwerer Querschnittslähmungen beispielsweise um die Anschaffung spezieller Schreib- und Lesehilfen. Sollte der Geschädigte nur eingeschränkt kommunizieren können, so sind auch die Kosten einer Begleitperson zu bezahlen.

Hierunter fallen auch die Kosten für Anschaffung und Haltung eines Blindenhundes.

6) Hat ein Verletzter beispielsweise nach Querschnittslähmung oder als Rollstuhlfahrer Anspruch auf Ersatz von erhöhten Urlaubskosten?

Oft wird bei Vergleichsverhandlungen und Verhandlungen von Abfindungen für Schmerzensgeld vergessen, dass in schweren Fällen mit Dauerschäden auch sämtliche Mehrkosten bezüglich der Fortführung der bisherigen Lebensgestaltung und Lebensplanung zu ersetzen sind.

Es gibt keinen Grund, warum ein Mensch, der bislang in den Urlaub gefahren ist aufgrund eines Unfalls nicht mehr in den Urlaub fahren sollte. Es gibt genügend Einrichtungen, die behindertengerecht sind. Der Mehrbedarf an Begleitpersonen, teureren Hotels, größeren Unterkünften etc. ist auch im Falle eines Urlaubs zu ersetzen. Der Urlaub im Rollstuhl ist sicher komplizierter und teurer als eine Pauschalreise, aber der Schädiger und dessen Versicherung haben den entsprechenden Mehrbedarf zu ersetzen.

Diese ein Leben lang wiederkehrenden Punkte sollten bei Verhandlungen über die Abfindung des Personenschadens nicht vergessen werden.

7) Was steht mir im Rahmen einer Querschnittslähmung an Ansprüchen zu?

Bei Querschnittslähmungen handelt es sich um sehr schwerwiegende Verletzungen mit weitreichenden Folgen. Die Chancen auf Heilung sind gering und der Verletzte wird wohl aller Wahrscheinlichkeit nach sein ganzes Leben auf einen Rollstuhl angewiesen sein. Es wird in den Beiträgen immer wieder versucht auf diese Behinderung und die Personengruppe der Rollstuhlfahrer einzugehen.

Es kann festgehalten werden, dass speziell bei einer so schweren Schädigung wie einer Querschnittslähmung von den Betroffenen oftmals zu wenig geltend gemacht wird. Insbesondere der Bereich der vermehrten Bedürfnisse wird stiefmütterlich behandelt. Mit etwas Phantasie und geschickter Begründung wird nicht nur der Umbau für ein Fahrzeug bezahlt, sondern auch noch eine Garagenheizung oder ein Schwimmbad (oder abgefunden). Aber es muss gar nicht so weit gegangen werden. Es ist eine klare Steigerung der Lebensqualität, wenn die Gegenseite die behinderungsbedingten Mehrkosten für einen Urlaub zu tragen hat und der Rollstuhlfahrer mit seiner Familie auch weiterhin trotz der Behinderung verreisen kann. Bei Flugreisen ist oftmals eine Begleitperson notwendig, da der Behinderte selbst den Check-Inn nicht oder nur schwer erledigen kann. Auch diese Beträge werden von der Gegenseite nur abgefunden, wenn sie im Rahmen der Vergleichsverhandlungen angesprochen werden.

Im Rahmen von Abfindungen ist immer zu bedenken, dass das Band zwischen Schädiger und Geschädigtem endgültig durchtrennt ist. Ein großer Geldbetrag als Einmalzahlung muss all diese Punkte beinhalten oder ist auf Teile der Ansprüche wie z.B. das Schmerzensgeld zu begrenzen.