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Schadensregulierung Personenschäden

Betroffene haben sich oft in jahrelangen Auseinandersetzungen mit gegnerischen Haftpflichtversicherern ein überdurchschnittliches Wissen angeeignet. Wer sich mit dem Thema nicht intensiver auseinandersetzen, sondern vielmehr einen generellen Einblick zum Thema Schmerzensgeld erhalten möchte, sei auf die Darstellungen unter Schmerzensgeld (vereinfachter Überblick) verwiesen.

Schmerzensgeldbemessung

  1. Grundlagen des Schmerzensgeldanspruchs
    1. Gesetzeswortlaut:
      1. Verletzung des Körpers und der Gesundheit
      2. Freiheitsentziehung
      3. Sittlichkeitsdelikte
    2. Die Rechtsfolge
  2. Die grundlegende Entscheidung des BGH Großer Senat für Zivilsachen vom 6.7.1955
    1. Die “billige Entschädigung”
    2. Die Doppelfunktion des Schmerzensgeldanspruchs
      1. Ausgleichsfunktion
        1. Dauerschaden
        2. Psychische Beeinträchtigungen
        3. Seelisch bedingte Folgeschäden
        4. Soziale Belastungen
        5. Alter des Verletzten
        6. Schmerzensgeld in Todesfällen
      2. Genugtuungsfunktion
        1. Verschulden des Schädigers
        2. Anlass des Unfalls oder der Verletzungshandlung
        3. Wirtschaftliche Verhältnisse des Geschädigten
        4. Wirtschaftliche Verhältnisse des Schädigers bzw. seiner Versicherung
        5. Hinauszögerung der Schadensregulierung durch die Versicherungsgesellschaften
        6. Symbolische Wiedergutmachung bei Verlust des subjektiven Empfindungsvermögens
    3. Ausschluss des Entschädigungsanspruchs bei geringfügigen Verletzungen
  3. Andere Anspruchsgrundlagen
    1. Verletzung des Persönlichkeitsrechts
    2. Verletzung des Rechts am eigenen Bild
    3. Verletzung eines Urheberrechts
  4. Bemessungsformen
    1. Berücksichtigung der Geldentwertung
    2. Schmerzensgeld-Kapital
    3. Schmerzensgeld für Spätfolgen
    4. Schmerzensgeldrente
  5. Materiellrechtliche Besonderheiten des Schmerzensgeldanspruchs
    1. Übergang, Übertragbarkeit und Vererblichkeit des Anspruchs
    2. Ausschluss oder Minderung des Anspruchs
      1. Mitverschulden
      2. Betriebsgefahr
      3. Arbeitsunfälle
      4. Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem Ehepartner oder sonstigen Familienangehörigen
      5. Gesamtschuldnerschaft bei ärztlichen Behandlungsfehlern
    3. Verkehrsopferhilfe
    4. Anrechenbarkeit des Schmerzensgeldes
      1. Sozialhilfe
      2. Harz IV-Empfänger
      3. Kapitalertrag
      4. Schmerzensgeld bzw. Schmerzensgeldanspruch im ehelichen Zugewinnausgleich
      5. Arbeitslosenhilfe
      6. Prozesskostenhilfe
      7. Schmerzensgeld bei einem Erstattungsanspruch aus § 110 SGB VII
  6. Verfahrensfragen
    1. Klageantrag
    2. Verjährung
    3. Prozesskostenhilfe
    4. Berufung und Revision
    5. Streitwert
    6. Zinsen

I. Grundlagen des Schmerzensgeldanspruchs

Der Anspruch des Verletzten auf Gewährung einer Entschädigung für die von ihm erlittenen Schmerzen leitet sich aus den am 1.8.2002 in Kraft getretenen § 253 Abs. 2 BGB, § 11 Satz 2 StVG her:

A. Gesetzeswortlaut

§ 253 Abs. 2 BGB: Schmerzensgeld

»Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadenersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.«

Danach wird ein Schmerzensgeldanspruch auch auf die Fälle der Vertragsverletzung ausgeweitet, was insbesondere beim Arzthaftungsrecht von Bedeutung ist.

Da das neue Schadensersatzrecht erst für die Schadensereignisse gilt, die ab dem 1.8.2002 eingetreten sind, sei zur Orientierung nachstehend nochmals die frühere Vorschrift des § 847 BGB zitiert:

§ 847 BGB: Schmerzensgeld

»Abs. 1 Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen.

Abs. 2 Ein gleicher Anspruch steht einer Frauensperson zu, gegen die ein Verbrechen oder Vergehen wider die Sittlichkeit begangen oder die durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt wird.«

Ein Schmerzensgeldanspruch kann nunmehr auch im Rahmen der Gefährdungshaftung im Straßenverkehrsrecht bestehen. Dieser Anspruch ist in der ebenfalls am 1.8.2002 in Kraft getretenen Vorschrift des § 11 Satz 2 StVG geregelt, wonach wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden kann.

In § 7 Abs. 2 StVG wird der Begriff “unabwendbares Ereignis” durch den Begriff “höhere Gewalt” ersetzt. Hierdurch wird ein hoher Schutz der so genannten “schwachen Verkehrsteilnehmer” erreicht. Eine Entlastung für den Kraftfahrer ist kaum mehr möglich, jedoch nicht ausgeschlossen. So kann nach einem Urteil des LG Bielefeld vom 2.7.2004 (Az. 20 S 7 / 04) nicht hergeleitet werden, dass ein Kraftfahrer bei einem Verkehrsunfall mit einem Jugendlichen stets für die Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeugs einzustehen hat, sofern der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Auch wenn eine Alleinverantwortung des Jugendlichen selbst bei grobem Verschulden nur ausnahmsweise vorliegen wird, ist sie insbesondere mit steigendem Alter des Jugendlichen nicht von vornherein ausgeschlossen. Das jugendliche Alter – zum Unfallzeitpunkt 16 Jahre alt – steht einem völligen Zurücktreten der Betriebsgefahr im Rahmen der nach § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung nicht entgegen.

Kinder sind bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres im Straßenverkehr besonders schützenswert, denn erfahrungsgemäß sind sie erst ab diesem Alter imstande, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen; insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Der Gesetzgeber hat deshalb § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB neu gefasst und das Haftungsprivileg zu Gunsten der Kinder erlassen; d.h. jeder Halter haftet grundsätzlich für den Schaden, den ein bis 10-jähriges Kind durch eine Kollision mit einem motorisierten Kfz erleidet.

Der BGH hat jedoch in jüngster Zeit mehrere Fälle entschieden, in denen das zunächst “uferlose” Haftungsprivileg doch etwas eingeschränkt wurde. Danach greift grundsätzlich das Haftungsprivileg nur dann ein, wenn sich bei der Gegebenen-Fall-Konstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat (BGH v. 30.11.2004, VI ZR 335/03; v. 30.11.2004, VI ZR 305/03; v. 21.12.2004, VI ZR 276/03. Vgl. auch BGH in NJW 2009, 3231; LG Saarbrücken in NZV 2010, 150).

Alle drei Fälle hatten zum Gegenstand, dass Kinder mit Fahrrädern oder Skateboards gegen ordnungsgemäß geparkte Fahrzeuge stießen und diese beschädigten. Die Kinder haften für die von ihnen angerichteten Schäden. Die Haftung ist auch nicht ausgeschlossen gemäß § 828 Abs. 3 BGB, denn sie haben die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt.

ein mit geöffneten Türen am Fahrbahnrand stehendes Fahrzeug fährt, wobei sich darüber hinaus Fahrer und Beifahrer an den geöffneten Türen befunden haben. Hier liegt eine besondere Gefahrenlage für das Kind vor, die eine Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr darstellt. Damit entfällt eine Haftung des Kindes (BGH v. 11.3.2008 in NJW-RR 2009, 95).

Das “unabwendbare Ereignis” als Entlastungsgrund im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG bleibt bestehen, wenn es sich um einen Unfall zwischen Kraftfahrzeugen bzw. Anhängern handelt. Kommen jedoch Insassen zu Schaden, so können diese nach § 7 Abs. 1 StVG volle Entschädigung verlangen. In § 8 a StVG wurde eine Erweiterung der Haftung von Schäden von Insassen eingeführt, wonach nunmehr der Halter nicht nur bei einer entgeltlichen, sondern auch bei einer unentgeltlichen Beförderung für die Schäden eines Insassen einzutreten hat.

1. Verletzung des Körpers und der Gesundheit

In erster Linie wird die körperliche Unversehrtheit gegen jedwede unangemessene Einwirkung oder Behandlung geschützt, die zu einer nicht völlig unerheblichen Verletzung führt. Geschützt wird ferner die Beschädigung der Gesundheit im Sinne eines Hervorrufens oder Steigerns eines, wenn auch nur vorübergehenden, pathologischen Zustands (RG 19, 226; BGH in NJW 1960, 2253).

Eine Gesundheitsbeeinträchtigung kann also auch ohne die unmittelbare körperliche Misshandlung, etwa durch Verabreichung von Gift, Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit, als Unfallschock oder in Form einer pathologischen nervlichen Zerrüttung angesichts des Unfalltodes nächster Angehöriger eintreten.

Wesensmerkmal der Körper- und Gesundheitsbeeinträchtigung ist damit die medizinische Messbarkeit des Eingriffs, der medizinische Nachweis einer Beeinträchtigung.

2. Freiheitsentziehung

Das Tatbestandsmerkmal der Entziehung der Freiheit meint insbesondere die persönliche Fortbewegungsfreiheit, die durch das tatsächliche Einschließen, aber auch durch Drohung, Zwang oder Täuschung entzogen werden kann.

Ein Schmerzensgeld erhält z. B., wer vom Kaufhausdetektiv zu Unrecht des Diebstahls verdächtigt und bis zum Eintreffen der Polizei am Weggehen gehindert (AG Osnabrück v. 21.11.1988, NJW-RR 1989, 476) oder wer infolge falscher Anschuldigung in Untersuchungshaft genommen wird (OLG Frankfurt v. 25.5.1988, VersR 1989, 260. LG Bonn v. 3.11.1994, NJW-RR 1996, 1492).

Meist wird die Freiheitsentziehung von anderen Delikten, besonders aus dem Bereich der Sexualdelikte, begleitet.

Zu denken ist aber auch an das widerrechtliche Festhalten eines Patienten in einer geschlossenen Anstalt oder an die Einweisung eines vermeintlich Kranken aufgrund eines unrichtigen psychiatrischen Gutachtens und an seine Entmündigung (OLG Nürnberg v. 2.3.1988, NJW-RR 1988, 791. LG Marburg v. 19.7.1995, VersR 1995, 1199. OLG Oldenburg v. 20.5.1988, VersR 1991, 306. OLG Stuttgart v. 2.8.1990, VersR 1991, 1288).

3. Sittlichkeitsdelikte

Zu einem Schmerzensgeldanspruch führen auch sämtliche Sittlichkeitsdelikte der §§ 174 ff. StGB, von der Vergewaltigung bis zur Verführung und, nach § 825 BGB, auch die durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses vorgenommene Bestimmung zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen.

B. Die Rechtsfolge

In aller Regel führen alle genannten Verletzungen und Beeinträchtigungen zu materiellen Schadenspositionen, indem Heilbehandlungskosten, Pflegekosten, krankheitsbedingter Verdienstausfall und vieles mehr als Schaden anfallen. Dieser Vermögensschaden und die sich daraus ergebenden Ersatzansprüche werden nach den schadensrechtlichen Vorschriften des BGB (§§ 823 ff. in Verb. mit §§ 249 ff. BGB) oder der Gefährdungshaftung (§§ 7 ff. StVG, §§ 33 ff. LuftVG) geregelt.

Die Schmerzen des Verletzten jedoch, seine Leiden, Beeinträchtigungen und möglicherweise dauernden Entstellungen, stellen keinen Vermögensschaden dar und erhalten deshalb durch § 253 Abs. 2 BGB, §11 Satz 2 StVG einen gesonderten Ersatzanspruch, eine billige Entschädigung.

Dabei war sich der Gesetzgeber bewusst, dass eine Wiederherstellung im Sinne der Naturalrestitution bei Nichtvermögensschäden oft nicht durchführbar ist, sondern nur ein Ausgleich geschaffen werden kann (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276).

Wie die “billige Entschädigung” ermittelt und gemessen werden soll, welche Kriterien zu berücksichtigen sind und welche Funktion die Entschädigung erfüllen soll, war von der Rechtsprechung auszuformen.

Die gesetzliche Formulierung “billige Entschädigung” ist an sich widersprüchlich. Gemeint ist natürlich keine möglichst niedrige Entschädigung, sondern eine Entschädigung, die der “Billigkeit” entspricht.

Glücklicher und zutreffender wäre die Formulierung “angemessene Entschädigung”.

II. Die grundlegende Entscheidung des BGH Großer Senat für Zivilsachen vom 6.7.1955

(BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276)

A. Die “billige Entschädigung”

Der Große Senat für Zivilsachen nahm eine Vorlage des VI. Zivilsenats über die Frage, ob bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes alle Umstände, also auch die Vermögensverhältnisse und der Grad des Verschuldens des Verpflichteten, zu berücksichtigen sind, zum Anlass, den Charakter des Schmerzensgeldanspruchs zu definieren und die Vielschichtigkeit der zu berücksichtigenden Umstände aufzuzeigen.

Bereits in der vorhergehenden Rechtsprechung des Reichsgerichtes war auf das Moment der “Billigkeit” der Schmerzensgeldentschädigung abgestellt worden. Alle Umstände, die dem Schadensfall sein Gepräge gaben, müssen berücksichtigt werden. Zu ermitteln waren daher auf der Seite des Geschädigten nicht nur Umfang und Dauer der Schmerzen, die vom Verletzten erlittenen Entstellungen und Eingriffe, sondern auch die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, der Grad des Verschuldens und überhaupt die Umstände, die zu dem Schadenseintritt geführt hatten.

Das Reichsgericht sah, hergeleitet aus den früheren Rechtsordnungen verschiedener deutscher Länder, in der ausdrücklich gesetzlichen Forderung der Billigkeit die Notwendigkeit, die schadensbeteiligten Parteien in eine Relation zueinander zu setzen und ihre beiderseitigen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Gegen diese umfassende Betrachtungsweise wandte sich Anfang der fünfziger Jahre eine Rechtsprechungstendenz, die im Einklang mit dem gesamten übrigen materiellen Schadensersatzrecht eine Schadensermittlung im Schmerzensgeldbereich allein auf die Gesamtumstände aufseiten des Verletzten abstellen sollte.

Das Moment der Billigkeit hatte nur noch Bedeutung im Hinblick auf die Abwägung, welche Entschädigung geeignet sei, die vom Verletzten erlittenen Beeinträchtigungen, Schmerzen, Entstellungen, Leiden und Eingriffe entsprechend ihrem Umfang und ihrer Dauer auszugleichen. Wie auch im materiellen Bereich des Schadensrechtes, stand nur die Betrachtung des Schadens im Vordergrund, die Person des Schädigers und insbesondere seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sollten außer Betracht bleiben.

B. Die Doppelfunktion des Schmerzensgeldanspruchs

Der Große Senat in Zivilsachen gab der Rechtsprechung eine neue Leitlinie und definierte dabei den doppelten Charakter des Schmerzensgeldanspruchs:

“Im Vordergrund soll das Schmerzensgeld dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, für diejenigen Lebenshemmungen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind.” (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276). In erster Linie bilden die Größe, die Heftigkeit und die Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentliche Grundlage bei der Bemessung der billigen Entschädigung.

Das Schmerzensgeld soll aber zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276). Damit trägt der BGH dem Umstand Rechnung, dass das Schmerzensgeld seine rechtsgeschichtlichen Ursprünge im Strafrecht findet. Den modernen, schadensrechtlichen Ansprüchen aus unerlaubter Handlung kommt ein unmittelbarer Strafcharakter – wohl auch aus der heutigen weitgehenden Trennung von Straf- und Zivilgerichtsbarkeit – nicht mehr zu, dennoch schwingt in dem Ausgleichsgedanken auch heute noch etwas vom Charakter der Buße, der Genugtuung mit (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276).

Die Suche nach der vom Gesetzgeber gemeinten “billigen Entschädigung” verlangt daher die umfassende allseitige Betrachtung der Funktionen des Schmerzensgeldanspruchs mit seinen Aufgaben, dem Geschädigten einen Ausgleich für das Erlittene zu bieten, ihm aber auch Genugtuung zu gewähren.

Bei Verletzungen infolge eines Verkehrsunfalls wird die Höhe des Schmerzensgeldes jedoch in erster Linie durch das Maß der dem Verletzten durch den Unfall zugefügten Lebensbeeinträchtigungen bestimmt. Bei Straßenverkehrsunfällen tritt die Genugtuungsfunktion gegenüber der Ausgleichsfunktion daher weitgehend in den Hintergrund (OLG Frankfurt v. 9.6.1992, VersR 1993, 1033.KG v. 23.4.2001, DAR 2002, 266. OLG Celle v. 21.1.2004, NZV 2004, 251; SP 2004, 119). Aus diesen Gründen kann es gerechtfertigt sein, das nur auf Gefährdungshaftung gestützte Schmerzensgeld nicht geringer zu bemessen als bei einer Haftung aus (einfach) fahrlässigem Verhalten (Wagner, NJW 2002, 2049.OLG Celle v. 21.1.2004, NZV 2004, 251; SP 2004, 119).

1. Ausgleichsfunktion

a) Dauerschaden

Der Umfang des Dauerschadens ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Bemessung des Schmerzensgeldes. Im Gegensatz zu der abstrakt berechneten Erwerbsminderung in der Unfallversicherung kommt es hier auf die persönlichen Verhältnisse des Verletzten an. Alter, Geschlecht, Beruf und persönliche Neigungen sind zu berücksichtigen.

b) Psychische Beeinträchtigungen

Nach geltendem Recht können psychische – besser vielleicht mentale – Leiden nur in Ausnahmefällen zu einem Schmerzensgeldanspruch führen. Dabei sind hier nicht die psychischen Erkrankungen, Veränderungen und Leiden gemeint, die ein Verletzter infolge insbesondere schwerer Hirnverletzungen erleidet.

Von einer billigen Entschädigung ausgeschlossen sind vielmehr die primären psychischen Beeinträchtigungen wie Trauer, Depressionen, Unlust, Antriebsschwäche und dergleichen, denen keine unmittelbare Verletzungshandlung des Schädigers gegen den Betroffenen zugrunde liegt und die somit keine pathologisch nachweisbare Ursache haben. Nur wenn diese mentalen Probleme die Form einer verifizierbaren Erkrankung annehmen, wie dies insbesondere als Schock beim Miterleben des Todes eines nahen Angehörigen (LG Heilbronn v. 16.11.1993, VersR 1994, 443; OLG Frankfurt v. 26.5.1992, ZfS 1992, 368; OLG Frankfurt v. 11.3.2004, ZfS 2004, 452; OLG Köln v. 18.12.2006, 16 U 40/06; OLG Koblenz in NJW-RR 2001, 318; OLG Hamm in NZV 2002, 234; OLG Naumburg in NJW-RR 2005, 900) oder als “Fernwirkungsschockschaden” (LG Oldenburg v. 10.5.1995, ZfS 1995, 372. LG Traunstein v. 26.1.1995, 1 0 2394/94. OLG Nürnberg v. 1.8.1995, ZfS 1995, 370) aus Anlass der Todesnachricht bekannt ist, ist das Tatbestandsmerkmal der “Gesundheitsverletzung” gegeben und ein Schmerzensgeld zu gewähren.

Im Übrigen findet einer der empfindlichsten Verluste, der einem Menschen durch die Tötung seiner nächsten Angehörigen zugefügt werden kann, und der damit verbundene Schmerz und die tief empfundene Trauer keine Entschädigung.

Der Verlust elementarer menschlicher Beziehungen stellt für die Hinterbliebenen vielfach eine erhebliche psychische Beeinträchtigung dar, ohne dass diese ein medizinisches Krankheitsbild hervorruft.

Dies wird vielfach als ungerecht empfunden, weil die Rechtsprechung andererseits bei (schweren) Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht teilweise hohe Geldentschädigungen gewährt, die gerne mit dem Schmerzensgeld verglichen oder sogar (fälschlicherweise) als solches bezeichnet werden.

Gesetzesinitiativen, die im Falle der Tötung eines Ehegatten, der Eltern oder Kinder auch wegen des dadurch entstandenen Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld vorsahen, sind nicht mehr weiterverfolgt worden, können aber im Rahmen einer Rechtsvereinheitlichung innerhalb der EU wieder aufleben.

c) Seelisch bedingte Folgeschäden

Der Schädiger hat für seelisch bedingte Folgeschäden einer Verletzungshandlung, auch wenn sie auf einer psychischen Anfälligkeit des Verletzten oder sonstwie auf einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen, haftungsrechtlich grundsätzlich einzustehen. Eine Zurechnung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn das Schadensereignis ganz geringfügig ist. Dies bedeutet, dass letztlich auch psychosomatische Beschwerden, an denen der Verletzte leidet, dem Schädiger haftungsrechtlich zuzurechnen sind (BGH v. 30.4.1996, VI ZR 55/95).

d) Soziale Belastungen

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes für eine direkte Körperverletzung können zudem auch die daraus resultierenden sozialen Belastungen, wie z. B. Störungen in der Ausbildung oder in der beruflichen Tätigkeit, verminderte Heiratsaussichten, Beeinträchtigungen im gesellschaftlichen Leben oder die Aufgabe eines Sports berücksichtigt werden ( LG München I v. 26.4.1996, 19 O 25298/89; OLG Karlsruhe v. 19.7.1989, NJW 1990, 2319; OLG Köln v. 20.5.1992, VersR 1992, 975; OLG Köln v. 16.10.1992, NJW-RR 1993, 350; OLG Köln v. 28.4.1993, VersR 1994, 987; OLG Nürnberg v. 1.8.1995, ZfS 1995, 370; LG Zweibrücken v. 16.11.2009, 1 O 163/04).

e) Alter des Verletzten

Das Alter des Verletzten ist ebenfalls im Rahmen der Ausgleichsfunktion zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung ist sich darin einig, dass ein junger Mensch, der einen schweren Dauerschaden erlitten hat, wegen seines Alters mehr Schmerzensgeld bekommen muss, weil er noch lange an den Verletzungsfolgen zu tragen hat (OLG Stuttgart v. 27.8.1987, 14 U 19/87.LG Münster v. 01.9.1994, 11 O 284/94. LG München I v. 8.7.1996, 19 O 10643/92. OLG Hamm v. 12.2.2001, DAR 2001, 267. LG Bückeburg v. 23.1.2004, DAR 2004, 274). Die Beurteilung bei einem höheren Lebensalter des Verletzten ist sehr verschieden. Während einige Gerichte der Meinung sind, dass sich ein schwerer Dauerschaden bei höherem Lebensalter wegen der geringeren Lebenserwartung nicht sehr erheblich auf die Höhe des Schmerzensgeldes auswirkt(BGH VersR 1991, 350.LG Frankfurt v. 30.11.2000, 2/5 O 6/98. OLG München v. 13.2.2004, 10 U 5381/02), sind andere der Auffassung, dass sich gerade dann die Verletzung und ihre Folgen besonders schwerwiegend auswirken, weil das fortgeschrittene Lebensalter den Heilungsablauf erschwert und sich ein jüngerer Mensch eher an neue Gegebenheiten anpasst als ein älterer(LG Lüneburg v. 8.6.1988, 2 O 85/87.LG Köln v. 7.7.1989, VersR 1990, 1129. AG Hanau v. 30.9.2005, SP 2006, 7. OLG Köln v. 29.9.2006, VersR 2007, 259). Berger (“Tendenzen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes”, VersR 1977, 877) bezeichnet es als eine makabre Erwägung und Begründung, dass der alte Mensch Dauerschäden nicht mehr lange zu ertragen braucht.

f) Schmerzensgeld in Todesfällen

Das Schmerzensgeld ist nicht deshalb geringer zu bemessen, weil es nicht dem Verletzten, sondern nach dessen Tod seinen Erben zugute kommt (KG v. 26.2.1973, VersR 1974, 249.

OLG Saarbrücken v. 30.7.1993, 3 U 43/93-9). Es ist vielmehr in der Höhe festzusetzen, wie es unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in der Person des Geschädigten entstanden ist. Maßgeblich ist die tatsächliche Lebensdauer des Verletzten, nicht die normalerweise zu erwartende Lebensdauer. Ein Schmerzensgeld bei einer Körperverletzung, an deren Folgen der Verletzte alsbald verstirbt, erfordert eine Gesamtbetrachtung der immateriellen Beeinträchtigung unter besonderer Berücksichtigung von Art und Schwere der Verletzungen, des hierdurch bewirkten Leidens und dessen Wahrnehmung durch den Verletzten, wie auch des Zeitraums zwischen Verletzung und Eintritt des Todes. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld kann danach zu verneinen sein, wenn die Körperverletzung nach den Umständen des Falles gegenüber dem alsbald eintretenden Tod keine abgrenzbare immaterielle Beeinträchtigung darstellt, sondern vielmehr ein notwendiges Durchgangsstadium ist, welches aus Billigkeitsgesichtspunkten einen Ausgleich in Geld nicht erforderlich macht (OLG Nürnberg, VersR 1994, 1083.BGH, NJW 1998, 2741. OLG Köln v. 22.8.2008, Az. 1 U 59/07). Die Rechtsprechung ist im Hinblick auf die Lebensdauer des Verletzten sehr unterschiedlich.

Einzelfälle:

2. Genugtuungsfunktion

a) Verschulden des Schädigers

Durch den Beschluss des GSZ (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276) wurde entschieden, dass das Verschulden des Schädigers im Rahmen der Genugtuungsfunktion zu berücksichtigen ist. Dadurch soll die Möglichkeit geboten werden, das Schmerzensgeld für die Folgen eines Verbrechens oder grober Fahrlässigkeit höher festzusetzen als für die äußerlich gleichen Folgen eines Fehlverhaltens im Verkehr, wie es jedem unterlaufen kann. Seitdem wird grobe Fahrlässigkeit fast immer in dem Sinne berücksichtigt, dass deswegen ein höheres Schmerzensgeld zugesprochen wird. So hat z.B. das OLG Frankfurt mit Urteil v. 29.8.2005 (ZfS 2005, 597) zum Ausdruck gebracht, dass bei einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Unfalls durch einen erheblich alkoholisierten Geisterfahrer auf Grund der zu berücksichtigenden Genugtuungsfunktion von einer Verdoppelung des allein unter Abstellen auf die Ausgleichsfunktion angemessenen Schmerzensgeldes auszugehen ist. Unterschiedlich wurde beurteilt, wenn der Schädiger zu einer Freiheitsstrafe oder zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt wurde. Der BGH (BGH v. 16.1.1996, VersR 1996, 382) hat entschieden, dass sich die strafrechtliche Verurteilung des Täters auf die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes grundsätzlich nicht auswirkt. Die Genugtuungsfunktion kann allerdings dann in den Hintergrund treten, wenn der Schädiger seinen Leichtsinn selbst mit dem Tod bezahlt hat oder wenn er selbst schwer verletzt wurde. Bei einer Gefährdungshaftung entfällt die Genugtuungsfunktion. Es kommt lediglich die Ausgleichsfunktion zum Tragen. Nennenswert niedrigere Schmerzensgeldbeträge dürfte dies jedoch in der Regel nicht zur Folge haben, da die Genugtuungsfunktion in vielen Fällen keine wesentliche Bedeutung mehr hat; dies schon im Straßenverkehr unter dem Gesichtspunkt des eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherers nach §115 Abs. 1 VVG (früher § 3 Nr. 1 u. 2 PflVG).

b) Anlass des Unfalls oder der Verletzungshandlung

Bei gleichem Verschuldensgrad und gleicher Verletzung kann ein niedrigeres oder höheres Schmerzensgeld angemessen sein, je nachdem, ob die Verletzung aus Anlass der Befriedigung eines Vergnügens (einerseits) oder im Zusammenhang mit Berufsausübung, Nothilfeleistung o. Ä. (andererseits) erfolgte (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276).

Einige Gerichte sprechen seitdem bei so genannten Gefälligkeitsfahrten ein niedrigeres Schmerzensgeld zu.

Das OLG Saarbrücken (OLG Saarbrücken v. 9.3.1973, VersR 1975, 430) hält es allerdings für unerheblich, ob sich der Unfall bei einer Gefälligkeitsfahrt ereignet hat. Noch deutlicher weist das OLG Hamm (OLG Hamm v. 3.3.1998, NJW-RR 1998, 1179) darauf hin, dass eine Gefälligkeitsfahrt bei bestehender Pflichtversicherung zu keiner Kürzung des Schmerzensgeldes führt, weil eine solche Haftungsbeschränkung eine künstliche Rechtskonstruktion aufgrund einer Willensfiktion ist, die weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der Beteiligten entspricht, durch letztlich fingierte Verzichtsabreden den Haftpflichtversicherer zu entlasten (Vgl. auch BGH, NJW 1993, 3067).

c) Wirtschaftliche Verhältnisse des Geschädigten

Bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Geschädigten kann der Ausgleichsgedanke zurücktreten, (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276) da durch Geldbeträge ein Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden kaum geboten werden kann. Der Genugtuungsgedanke tritt dann in den Vordergrund. Andererseits ist es auch nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall der gewohnte höhere Lebensstandard des Verletzten auch einmal zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen kann (OLG Düsseldorf, VersR 1975, 1152).

Umgekehrt können schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Geschädigten zu einer Minderung des Schmerzensgeldes führen, weil er an bescheidene Verhältnisse gewöhnt ist und deshalb ein geringerer Betrag ausreichen kann, um ihn zufrieden zu stellen (AG Heidenheim v. 28.1.1994, 7 C 1554/93).

Diese Auffassung wird oft als unsozial kritisiert:

Es bestehe kein Grund, ausgerechnet dort verschiedene Maßstäbe anzulegen, wo die menschliche Natur in Bezug auf Körperverletzlichkeit sowie Schmerz und Unlustempfinden Gleichheit fordert.

d) Wirtschaftliche Verhältnisse des Schädigers bzw. seiner Versicherung

Der GSZ (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276) hat gefordert, dass im Rahmen der Genugtuungsfunktion auch dieser Punkt berücksichtigt werden müsse. Es gehöre zur Billigkeit, dass der Schädiger im Allgemeinen nicht in schwere und nachhaltige Not gebracht werden dürfe, (OLG Brandenburg v. 10.9.2002, VersR 2004, 382.OLG Celle v. 24.11.1993, 9 U 179/92. LG Darmstadt v. 19.2.1986, 9 C 135/85. OLG München v. 12.12.1979, 12 U 3305/79) wobei allerdings besonders verwerfliches Verhalten des Schädigers diesen Gedanken weitgehend zurückdrängen könne. Vermögenslosigkeit könne niemals zur Befreiung von der Entrichtung eines Schmerzensgeldes führen, da die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers nur ein Moment und keineswegs das Wichtigste sei, das Berücksichtigung verlange.

Bei Verkehrsunfällen ist dies selten ein Problem, weil ja in der Regel Versicherungsschutz besteht. In einem solchen Falle sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schädigers ohne Belang (BGH v. 17.5.1957, VersR 1957, 572). Vielmehr stellt der mit der Prämienzahlung erworbene Anspruch auf Versicherungsschutz einen Vermögenswert dar, durch den der Schädiger wirtschaftlich günstiger gestellt ist als ein nichtversicherter Schädiger (BGH v. 1.2.1966, VersR 1966, 561; BGH, VersR 1982, 552. OLG Köln v. 10.9.1999, 19 U 202/98). Damit soll das Vorhandensein eines Versicherungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers gewertet werden, ohne dass zwischen einer freiwilligen oder Zwangshaftpflichtversicherung unterschieden wird.

e) Hinauszögerung der Schadensregulierung durch die Versicherungsgesellschaften

Im Rahmen der Genugtuungsfunktion kann die Hinauszögerung der Schadensregulierung durch die Versicherungsgesellschaft zugunsten des Verletzten Berücksichtigung finden (OLG Brandenburg v. 25.2.2004, 7 U 85/03. OLG Karlsruhe, VersR 1992, 370. OLG Schleswig v. 27.2.1992, 7 U 57/90. OLG München, NZV 1993, 434. OLG Oldenburg v. 19.4.1994, VersR 1994, 1071. OLG Naumburg v. 13.11.2003, VersR 2004, 1423. LG Aachen v. 8.9.2004, 4 O 354/98. KG Berlin v. 6.12.2005, NJW 2006, 702) Besonders ausführlich dazu die Begründung des OLG Hamm (OLG Hamm v. 13.2.1997, 27 U 133/96) sowie des OLG Frankfurt, des LG Frankfurt/Oder und des LG Gera mit deutlichen Worten (OLG Frankfurt v. 22.9.1993, DAR 1994, 21; OLG Frankfurt v. 7.1.1999, NVersZ 1999, 144; LG Frankfurt/Oder v. 19.10.2004, SP 2005, 376; OLG Saarbrücken v. 31.3.2009, 4 U 26/08-10; LG Berlin v. 21.4.2009, 24 O 358/06; LG Gera v. 6.5.2009, VersR 2009, 1232). Hier wurden wegen verzögerlichem Regulierungsverhalten der beklagten Versicherungen Schmerzensgelderhöhungen um DM 30000 (€ 15000) bzw. DM 25000 (€ 12500) und € 10000 sowie DM 10000 (€ 5000) und mehr zugesprochen. Diese Rechtsprechung hat sich inzwischen allgemein durchgesetzt (KG Berlin v. 28.2.2013, 22 U 209/12. OLG Naumburg v. 28.11.2001, VersR 2002, 1295. OLG Naumburg v. 13.11.2003, SP 2004, 85. OLG Naumburg v. 15.10.2007, VersR 2008, 652. OLG Köln v. 29.9.2006, VersR 2007, 259. OLG Nürnberg v. 22.12.2006, SP 2007, 102. LG Saarbrücken v. 31.8.2008, ZfS 2001, 255).

f) Symbolische Wiedergutmachung bei Verlust des subjektiven Empfindungsvermögens

Gerade bei sehr schweren Verletzungen kann sich der Geschädigte in einem Zustand befinden, in dem alle Wahrnehmungsfunktionen soweit erloschen sind, dass er die Vorteile eines Schmerzensgeldes nicht mehr genießen kann. Grundsätzlich hat hier der BGH (BGHZ 18, 149 (154 ff.); NJW 1955, 1675; VRS 9, 325; VersR 1955, 615; DAR 1955, 276) ausgeführt, dass die Erreichung des Ausgleichzwecks nicht Voraussetzung für die Zubilligung eines Schmerzensgeldes sei, dass vielmehr in solchen Fällen die Genugtuungsfunktion ihre besondere Bedeutung gewinnt. Ausführlich befasst sich der BGH 41 (BGH, VersR 1976, 660 und VersR 1982, 880) mit dieser Frage. Auch, wenn alle geistigen Funktionen und die wesentlichen Sinnesempfindungen erloschen sind, kann die Zubilligung eines Schmerzensgeldes aus dem allgemeinen Gesichtspunkt einer symbolischen Wiedergutmachung gerechtfertigt sein. Es sei nicht rechtsfehlerhaft, die Ausgleichsfunktion, die sonst im Vordergrund steht, ganz außer Betracht zu lassen, da ja dem Verletzten für seine immaterielle Einbuße keine anderweitigen Annehmlichkeiten geboten werden können. Ein, nicht notwendig pönaler, verfeinerter Sühnegedanke fordere, dass die schwere Beeinträchtigung des Menschseins nicht ohne eine wenigstens zeichenhafte Wiedergutmachung bleibe. Gleiches gelte für die Fälle, in denen der Verletzte zwischen Unfall und Tod nie das Bewusstsein wiedererlangt hat (KG Berlin v. 28.2.2013, 22 U 209/12. OLG Naumburg v. 28.11.2001, VersR 2002, 1295. OLG Naumburg v. 13.11.2003, SP 2004, 85. OLG Naumburg v. 15.10.2007, VersR 2008, 652. OLG Köln v. 29.9.2006, VersR 2007, 259. OLG Nürnberg v. 22.12.2006, SP 2007, 102. LG Saarbrücken v. 31.8.2008, ZfS 2001, 255).

Die Zerstörung der Persönlichkeit durch weitgehende Vorenthaltung der Grundlage der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit ist als eigenständiger Faktor zu bewerten. Der BGH (BGH v. 16.2.1993, VI ZR 29/92) hält eine Reduzierung des Schmerzensgeldes auf eine lediglich symbolhafte Entschädigung nicht mehr für gerechtfertigt (OLG Naumburg v. 25.10.2001, VersR 2003, 337.OLG Hamm v. 16.1.2002, VersR 2002, 1163).

Im Rahmen des immateriellen Schadensausgleichs nach § 253 Abs. 2 BGB kann bei vorsätzlichen Rechtsgutverletzungen auch ein Genugtuungsbedürfnis des Geschädigten berücksichtigt werden.

Dieses ist von einem etwaigen Strafanspruch des Staates zu unterscheiden und gerät deshalb nicht in Wegfall, wenn der Schädiger wegen der Tat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird (BGH v. 29.11.1994, VI ZR 93/94).

Allerdings hielt der BGH es bisher in diesen Fällen für richtig, dass die Zahlung zwar den Schädiger als fühlbares Opfer treffen solle, dass aber andererseits keine Notwendigkeit bestehe, einen Schmerzensgeldbetrag an den Summen zu orientieren, zu denen sich die Rechtsprechung genötigt sieht, um einen wenigstens annähernden Ausgleich zu versuchen.

Diese Rechtsprechung wurde nunmehr vom BGH (BGH v. 13.10.1992, VI ZR 201/91) weitestgehend aufgegeben und als falscher Ansatz gewertet. Nach dem Menschenwürdegebot des Grundgesetzes sei es geradezu ein Widerspruch in sich, das Schmerzensgeld eines Opfers wegen dessen Verlusts der Empfindungsfähigkeit zu mindern. Zwar habe auch der BGH schon mit seiner Entscheidung aus dem Jahre 1975 in solchen Fällen ein “symbolisches Schmerzensgeld” zugesprochen, die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes müsse aber heute auch als Ausdruck der Rechtsbeständigkeit des Persönlichkeitsrechts gesehen werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch in den Fällen, in denen beim Geschädigten alle Wahrnehmungsfunktionen soweit erloschen sind, dass er die Vorteile eines Schmerzensgeldes nicht mehr genießen kann, ein Schmerzensgeldbetrag zuzusprechen ist, der sich an den Summen orientieren soll, die die Rechtsprechung bei ähnlich schweren Verletzungen anerkennt, bei denen der Geschädigte seinen Zustand aber noch wahrnimmt.

C. Ausschluss des Entschädigungsanspruchs bei geringfügigen Verletzungen

Im Regierungsentwurf des § 253 Abs. 2 BGB war vorgesehen, dass Schmerzensgeld nur gefordert werden kann, wenn der Schaden unter Berücksichtigung seiner Art und Dauer nicht unerheblich ist. In den abschließenden Beratungen wurde jedoch die ausdrückliche Festschreibung einer Bagatellschwelle für nicht erforderlich gehalten. Die von der Rechtsprechung bisher angenommene Bagatellschwelle soll auch für die neu geschaffenen Schmerzensgeldansprüche bei Gefährdungs- und Vertragshaftung gelten. Außerdem sei der Rechtsprechung die Möglichkeit gegeben, den Begriff “billige Entschädigung” fortzuentwickeln. Es bleibt nunmehr abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in dieser Frage verhalten wird.

III. Andere Anspruchsgrundlagen

A. Verletzung des Persönlichkeitsrechts, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 u. 2 GG

Während aus § 253 Abs. 2 BGB in unmittelbarer Anwendung lediglich die Entschädigung für körperliche Beeinträchtigung im weiten Sinne herzuleiten ist, hat die Rechtsprechung auch im Falle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens gewährt, wobei die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht und Zivilrecht hat und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (BGH v. 5.10.2004 in NJW 2005, 215).

Ein solcher Anspruch ist jedoch an die Voraussetzungen gebunden, dass es sich um einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt und dass der Geschädigte durch die vorrangigen Ansprüche auf Unterlassung oder Widerruf oder auf presserechtliche Gegendarstellung keine ausreichende Genugtuung für die erlittenen Nachteile und Beeinträchtigungen erlangen kann (BGHZ 26, 349; BGHZ 39, 124.).

Bei der Bemessung der Geldentschädigung stellen der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der Präventionsgedanke und die Intensität der Persönlichkeitsverletzung Bemessungsfaktoren dar, die sich je nach Lage des Falls unterschiedlich auswirken können (BGH v. 5.10.2004 in NJW 2005, 215).

Beispiele zu diesem Anspruchsgrund sind unter den lfd. Nummern 639, 1119, 1131, 1139, 1140, 1157, 1400, 1425, 1905, 2310, 2830, 2456, 2760, 2801, 2900 abgedruckt.

Nach der Einschätzung der Rechtsprechung zählen heimliche Aidstests, die ohne Einwilligung des Patienten vorgenommen werden, jedenfalls wenn sie negativ verlaufen, nicht zu den schweren Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (AG Göttingen v. 2.12.1988, NJW 1989, 776.AG Mölln v. 6.10.1988, NJW 1989, 775). Anderer Ansicht hierzu LG Köln (LG Köln v. 8.2.1995, NJW 1995, 1621).

Zu den Verletzungen des Persönlichkeitsrechts zählen auch Belästigungen, die dadurch eintreten, dass fälschlicherweise im Namen des Verletzten Bestellungen und Zeitungsanzeigen aufgegeben werden (LG Bochum v. 19.7.1988, NJW-RR 1989, 285).

Zu den bei Persönlichkeitsverletzungen zugesprochenen Schmerzensgeldbeträgen hat das BVerfG mit Beschluss vom 8.3.2000 (VersR 2000, 897) die nicht unumstrittene Auffassung vertreten, dass eine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung nicht darin gesehen werden kann, dass die bei Persönlichkeitsverletzungen zugesprochenen Entschädigungen zum Teil deutlich höher sind als das für das Erleiden schwerwiegender psychischer und physischer Gesundheitsschäden zugesprochene Schmerzensgeld, weil sich bei Persönlichkeitsverletzungen Präventionsgesichtspunkte betragserhöhend auswirken.

B. Verletzung des Rechts am eigenen Bild, §§ 22, 23 KunstUrhG, § 823 Abs. 1 BGB

Einen besonders geregelten Fall stellt die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in Form der Verletzung des Rechts am eigenen Bild dar.

Insbesondere die Bildberichterstattung der Boulevardpresse und einiger Illustrierten war in zunehmendem Maße Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen und führte zur Zuerkennung nennenswerter Geldentschädigungen (OLG Karlsruhe v. 23.4.1993, NJW-RR 1994, 95).

Auch hier wird als Voraussetzung des Anspruchs auf die Art und Schwere der Beeinträchtigungen, auf den Anlass und Beweggrund der Veröffentlichung sowie ihre Umstände und auf den Verschuldensgrad des Verletzers abgestellt.

Ergibt sich eine schwere, nicht anders auszugleichende Verletzung des Persönlichkeitsrechts, so wird auf eine Geldentschädigung erkannt.

Immer wieder erwuchsen an sich harmlose Fotografien unbekleideter oder “oben ohne” badender Urlauber durch drastische, anzügliche Begleittexte und Schlagzeilen zu einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts ( OLG München v. 8.11.1985, NJW-RR 1986, 1251.OLG Frankfurt v. 28.2.1986, NJW-RR 1986, 1118. OLG Hamburg v. 6.3.1986, NJW-RR 1986, 933. OLG Oldenburg v. 14.11.1988, NJW 1989, 401. LG Münster v. 24.3.2004, NJW-RR 2005, 1065. LG Düsseldorf v. 13.12.2006, Az. 12 O 194/05).

C. Verletzung eines Urheberrechts

Einen weiteren Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens kennt schließlich das Urheberrecht in § 97 Abs. 2 UrhG.

Auch hier wird dem begrenzten Personenkreis der Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Werke, Lichtbildner und ausübenden Künstler im Falle der widerrechtlichen, schuldhaften Beeinträchtigung urheber- bzw. persönlichkeitsrechtlicher Belange Genugtuung durch immateriellen Schadensersatz gewährt.

Wie auch bei der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht orientiert sich die Höhe des Ersatzanspruchs nach Art, Intensität und Dauer des Eingriffs (v. Gamm, UrhG, München 1968, 97 Rd.-Nr. 36 m. w. N.).

IV. Bemessungsformen

A. Berücksichtigung der Geldentwertung

Schmerzensgeldtabellen können nur Anregungen für die Bewertung eines Entschädigungsanspruchs sein. Sie können und wollen die eigenverantwortliche Rechtsfindung nicht ersetzen (OLG Köln v. 6.4.1977, DAR 2977, 301 und v. 21.9.1977, DAR 1978, 105).

Hierzu hat das OLG Köln (OLG Köln vom 5.6.1992, ZfS 1992, 405 = MDR 1992, 646) entschieden, dass zur Ermittlung des angemessenen Schmerzensgeldes bei Heranziehung von durch die Rechtsprechung entschiedenen Vergleichsfällen der Zeitablauf seit diesen Entscheidungen zu berücksichtigen ist.

Zu Gunsten des Geschädigten ist die seit früheren Entscheidungen eingetretene Geldentwertung (ausführlich: KG vom 15.3.2004, VersR 2004, 1569) ebenso in Rechnung zu stellen wie die in der Rechtsprechung zu beobachtende Tendenz, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nach gravierenden Verletzungen großzügiger zu verfahren als früher.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass gegenüber früheren Behandlungsmethoden es seltener zu stationären Aufenthalten kommt, vielmehr von operativen Eingriffen heute häufig abgesehen wird, so dass die erschwerend in älteren Entscheidungen herangezogenen Krankenhausaufenthalte mittlerweile anders zu gewichten sind (vgl. OLG Frankfurt v. 19.8.2009, Az. 7 U 23/08).

Bei den veröffentlichten Urteilen kann es sich lediglich um Orientierungshilfen handeln, die ggf. hochgerechnet werden können.

Die SchmerzensgeldBeträge 2014 nimmt diese Hochrechnung mit Hilfe des Verbraucherpreisindexes vor.

Bei der Berechnung von Geldbeträgen wurde die Indexentwicklung mit folgender Formel berechnet:

(Geldbetrag alt x neuer Indexstand) / alter Indexstand = Geldbetrag neu
(Die für eine solche Berechnung erforderlichen Verbraucherpreisindexzahlen finden z. B. auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes.

Verbraucherindex für Deutschland bei Bezugsgröße 2010 = 100

Urteile aus den Jahren Berechnungsfaktor
1991 70,2
1992 73,8
1993 77,1
1994 79,1
1995 80,5
1996 81,6
1997 83,2
1998 84,0
1999 84,5
2000 85,7
2001 87,4
2002 88,6
2003 89,6
2004 91,0
2005 92,5
2006 93,9
2007 96,1
2008 98,6
2009 98,9
2010 100
2011 102,1
2012 104,1
2013 105,7
2014 (vorläufig, Stand August 2014) 106,4
Beispiel für die Indexentwicklung: Ein Urteil von 2002 über einen Schmerzensgeldbetrag i.H.v. € 15.000 entspricht im Jahre 2013 folgendem Wert: € 17.861.
Formel: (Geldbetrag alt x neuer Indexstand) / alter Indexstand = Geldbetrag neu
Rechnung: Schmerzensgeld 2013 = € (15000*105,5)/88,6 = € 17.861

B. Schmerzensgeld-Kapital

In der überwiegenden Zahl der Fälle wird das Schmerzensgeld als einmaliger Kapitalbetrag zugesprochen.

Das Schmerzensgeld ist grundsätzlich einheitlich zu bemessen. In Ausnahmefällen kann jedoch ein Teilbetrag zuerkannt werden, wenn der Rechtsstreit an sich zur Entscheidung reif ist und erhebliche Beeinträchtigungen, z. B. langer Krankenhausaufenthalt oder Unterbrechung des Studiums, vorliegen. In solchen Fällen darf das endgültige Schmerzensgeld erst später festgesetzt werden, wenn sämtliche Unfallfolgen, ihre Auswirkungen auf das Leben des Geschädigten und die Heilungsaussichten überschaubar sind (KG v. 24.3.1975, DAR 1975, 331).

Oft sind die Dauerfolgen nicht zu übersehen. Auch dann kann der Kapitalbetrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, im Allgemeinen dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung, zugesprochen werden (BGH v. 22.4.1975, NJW 1975, 1463). Bei ungewissem Heilungsverlauf, bei der Möglichkeit des Auftretens noch nicht übersehbarer Dauerschäden oder ganz allgemein bei schweren Fällen, in denen die Möglichkeit nachteiliger Veränderung besteht, wird der Geschädigte außer der Leistungsklage auch eine Feststellungsklage erheben müssen.

C. Schmerzensgeld für Spätfolgen

Auch ohne Vorliegen eines Feststellungsurteils kann der Verletzte unter Umständen ein weiteres Schmerzensgeld verlangen, obwohl ihm bereits früher ein Schmerzensgeld rechtskräftig zugesprochen wurde. Voraussetzung für den späteren Schmerzensgeldanspruch ist, dass das Gericht, das den ersten Anspruch zubilligte, mit dem Eintritt neuer Verletzungsfolgen, für die eine weitere Forderung erhoben wird, bei der Bemessung des ersten Schmerzensgeldes nicht oder nicht ernstlich zu rechnen hatte (BGH NJW 1980, 2754; BGH NJW 1988, 2300).

Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Rechtskraft eines Schmerzensgeldurteils lediglich auf solche Spätfolgen nicht erstreckt, die bei Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erkannt wurden oder nicht erkennbar waren (BGH NJW 1980, 2754; BGH NJW 1988, 2300).

Zum Feststellungsinteresse als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Feststellungsklage hat der BGH zwei bemerkenswerte Entscheidungen erlassen. Steht ein Primärschaden aufgrund einer schadensersatzbegründenden Handlung fest, kommen aber zur Zeit nicht absehbare Spätfolgen (Sekundärschäden) in Betracht, dann werden häufig Feststellungsklagen zur Unterbrechung der Verjährung erhoben. Der BGH hat entschieden, dass in solchen Fällen für das Feststellungsinteresse bereits die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts genügt, die nur verneint werden darf, wenn aus Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH v. 16.1.2001, NJW 2001, 1431 = DAR 2001, 155 = VersR 2001, 874).

Ein weiteres Urteil führt die Rechtsprechung zum Feststellungsinteresse bei befürchteten Spätschäden fort und befasst sich mit der Frage, ob ein Grundurteil etwa dem begehrten Feststellungsanspruch entgegensteht. Dazu hat der BGH entschieden, dass dann, wenn die Möglichkeit des Eintritts weiterer Verletzungsfolgen besteht, ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden auch dann gegeben sein kann, wenn der Schmerzensgeldanspruch dem Grunde nach bereits für gerechtfertigt erklärt worden ist (BGH v. 20.3.2001, NJW 2001, 3414 = DAR 2001, 356 = VersR 2001, 876).

Beim Abschluss von außergerichtlichen Vergleichen sollte als Regulierungshilfe der künftig zu erwartende immaterielle Schaden konkretisiert werden. So etwa, indem man konkret die zu befürchtende Spätfolge benennt, wie z. B. Auftreten einer Hüftkopfnekrose, Wiederaufflackern einer Osteomyelitis, Versteifung des Sprunggelenks, erneute Operationen.

Oder man geht bei Vergleichsabschluss von einer konkret benannten Dauer MdE aus und vereinbart ein weiteres Schmerzensgeld für den Fall, dass sich der Gesundheitszustand aus unfallbedingten Gründen wesentlich verschlechtern sollte. Diese wesentliche Verschlechterung könnte man z. B. bei einer Verschlechterung von ursprünglich 10% MdE bei nunmehr 30% MdE sehen. Wichtig wäre es auch zu vereinbaren, für die Beurteilung den ursprünglichen Gutachter bzw. seinen Nachfolger heranzuziehen.

D. Schmerzensgeldrente

In dem Beschluss des GSZ (OLG Nürnberg v. 2.3.1988, NJW-RR 1988, 791. LG Marburg v. 19.7.1995, VersR 1995, 1199. OLG Oldenburg v. 20.5.1988, VersR 1991, 306. OLG Stuttgart v. 2.8.1990, VersR 1991, 1288) und in weiteren Entscheidungen (BGH v. 11.12.1956, VRS 12, 88 = NJW 1957, 383 = VersR 1957, 66.BGH v. 30.5.1968, VersR 1968, 530. BGH v. 8.6.1976, VersR 1976, 967. OLG Düsseldorf v. 13.11.2000, SP 2001, 200. OLG Brandenburg v. 9.2.2006, r+s 2006, 260) hat der BGH für die Zubilligung einer Schmerzensgeldrente folgende Grundsätze aufgestellt:

“Nicht nur das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, wie etwa anhaltende Schmerzen, die Notwendigkeit wiederholter, schmerzhafter und in ihrem Erfolg ungewisser ärztlicher Eingriffe oder auch die drohende Gefahr weiterer unfallbedingter Spätschäden, rechtfertigt es, dem Geschädigten statt einer Kapitalabfindung eine Schmerzensgeldrente zu gewähren. Vielmehr kann bereits der Verlust eines wichtigen Gliedes dem Richter Anlass geben, die Form der Rentenzahlung zu erwägen; denn die Lebensbeeinträchtigung wirkt in solchen Fällen immer wieder neu und wird immer wieder schmerzlich empfunden, so dass es angemessen sein kann, der laufenden, nicht vermögensrechtlichen Beeinträchtigung auch eine laufende geldliche Entschädigung gegenüberzustellen.”

Da das Gesetz den Richter nach keiner Richtung hin einengt, ist es ihm überlassen, unter Abwägung aller in Betracht kommender Umstände nach § 287 ZPO auch über die Form der Entschädigung, Kapital oder Rente oder beides nebeneinander, zu entscheiden (BGH v. 19.12.1969, VersR 1970, 281).

In der Entscheidung des GSZ (OLG Nürnberg v. 2.3.1988, NJW-RR 1988, 791. LG Marburg v. 19.7.1995, VersR 1995, 1199. OLG Oldenburg v. 20.5.1988, VersR 1991, 306. OLG Stuttgart v. 2.8.1990, VersR 1991, 1288) wird betont, dass die Frage, ob Kapitalbetrag oder Rente, auch unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Schädigers entschieden werden müsse, da durch die Bewilligung einer Rente in bestimmten Fällen auch bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Schädigers der Ausgleichszweck erreicht werden könne.

Auch Berger (LG Lüneburg v. 8.6.1988, 2 O 85/87. LG Köln v. 7.7.1989, VersR 1990, 1129. AG Hanau v. 30.9.2005, SP 2006, 7. OLG Köln v. 29.9.2006, VersR 2007, 259) empfiehlt eine sehr maßvolle Anwendung des Instruments; denn die zum Vergleich mit dem Kapitalbetrag heranzuziehenden Kapitalisierungsbeträge der Renten erreichten naturgemäß erstaunliche Höhen. Dass dieser Gesichtspunkt bei der Festsetzung des Rentenbetrages berücksichtigt werden muss, ist eigentlich selbstverständlich; zumindest seit dem Urteil des BGH vom 8.6.1976 68 (BGH v. 8.6.1976, DAR 1976, 244 = MDR 1976, 1012 = VersR 1976, 967) ist es unerlässlich. In dieser Entscheidung wird die Frage behandelt, in welchem Verhältnis Kapitalbetrag und Rente zueinander stehen müssen. Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass die Addition aus der Schmerzensgeldrente und dem Kapitalbetrag die hieraus ergebende Summe nicht übersteigen soll, die im Falle der alleinigen Zuerkennung eines Kapitalbetrages zugesprochen würde (OLG Thüringen v. 12.8.1999, ZfS 1999, 419. OLG Hamm v. 12.9.2003, 9 U 50/99).

Einige Gerichte haben sich – vor allem bei Minderjährigen – dafür entschieden, eine Schmerzensgeldrente zuzusprechen, um eine zweckwidrige Verwendung einer Kapitalsumme zum Nachteil des Verletzten zu vermeiden (Z. B. OLG Frankfurt v. 7.9.1954, DAR 1956, 188). Es wurde auch berücksichtigt, dass Jugendliche in finanziellen Dingen unerfahren sind und einen einmaligen Kapitalbetrag schnell verwirtschaften könnten. Eine solche Auffassung hält der BGH (BGH v. 16.1.2001, NJW 2001, 1431 = DAR 2001, 155 = VersR 2001, 874) für zweifelhaft, ebenso wie allgemeine Erwägungen, etwa die Besorgnis über eine Entwertung des Kapitals infolge allgemeiner Wirtschafts- und Währungsverhältnisse. Gerade wegen der Geldentwertung ist es aber empfehlenswert, eine Schmerzensgeldrente zu beantragen, da hier die Möglichkeit der Abänderungsklage gem. § 323 ZPO besteht (OLG Karlsruhe v. 7.5.1969, VersR 1969, 1123 = NJW 1969,1488.BGH v. 2.2.1968, VersR 1968, 475). Uneinigkeit besteht dabei in der Frage, ob eine Abänderung auch im Falle einer wesentlichen Erhöhung der Lebenshaltungskosten möglich ist. Der BGH hat mit Urteil vom 15.5.2007 (VersR 2007, 961; DAR 2007, 513; ZfS 2007, 442) jedoch eine Richtungsweisung dahingehend gegeben, dass eine Schmerzensgeldrente im Hinblick auf den gestiegenen Lebensunterhaltskostenindex jedenfalls dann geändert werden kann, wenn eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die bisher gezahlte Rente ihre Funktion eines billigen Schadensausgleichs nicht mehr erfüllt. Dabei ist aber eine Abänderung einer Schmerzensgeldrente bei einer unter 25 % liegenden Steigerung des Lebenshaltungskostenindex in der Regel nicht gegeben (vgl. Halm u. Scheffler, DAR 2004, 71).

Die Zubilligung einer “dynamischen” Schmerzensgeldrente ist unzulässig (BGH v. 3.7.1973, NJW 1973, 1653).

V. Materiellrechtliche Besonderheiten des Schmerzensgeldanspruchs

A. Übergang, Übertragbarkeit und Vererblichkeit des Anspruchs

Der Schmerzensgeldanspruch kann frei übertragen werden und ist uneingeschränkt vererblich. Eine Willensbekundung des Verletzten zu Lebzeiten, Schmerzensgeld fordern zu wollen, ist nicht erforderlich. Von Bedeutung für den Anpruchsinhaber und für Dritte ist:

  1. Der Schmerzensgeldanspruch ist gemäß § 851 Abs. 1 ZPO der Pfändung unterworfen.
  2. Der Schmerzensgeldanspruch unterliegt nicht den Einschränkungen des § 36 InsO und gehört zur Insolvenzmasse.
  3. Die Ausschlusswirkung des § 394 BGB (keine Aufrechnung) greift nicht.
  4. Der Schmerzensgeldanspruch bei vereinbarter Gütergemeinschaft fällt in das Gesamtgut.
  5. Der Schmerzensgeldanspruch kann sofort verpfändet oder mit einem Nießbrauch belastet werden, da auch insoweit die Einschränkungen der §§ 1274 Abs. 2, 1069 Abs. 2 BGB nicht wirken.

B. Ausschluss oder Minderung des Anspruchs

1. Mitverschulden

Auch auf den Schmerzensgeldanspruch muss sich der Verletzte ein etwaiges Mitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen lassen. Früher wurde das an sich angemessene Schmerzensgeld um die Quote des Mitverschuldens des Verletzten gekürzt. Gegen diese Handhabung hatten einige Obergerichte Bedenken, die der BGH bestätigte (OLG Karlsruhe, VersR 1988, 59.BGH v. 21.4.1970, VersR 1970, 624).

Bei mitwirkendem Verschulden des Verletzten ist grundsätzlich nicht die entsprechende Quote des angemessenen Schmerzensgeldes, sondern ein Schmerzensgeld zuzubilligen, das unter Berücksichtigung des Mithaftungsanteils angemessen ist. Das Verschulden ist nur ein Bemessungsfaktor von vielen, der von Fall zu Fall im Verhältnis zu den anderen Bemessungskriterien durchaus unterschiedliches Gewicht haben kann.

Allerdings gehen die meisten Gerichte in der Alltagspraxis bei der Berechnung des Schmerzensgeldbetrages meist genau von der Quote des Mitverschuldens aus. Die Quote des Mitverschuldens ist daher als weitere Orientierungshilfe für die Höhe des einzuklagenden Schmerzensgeldbetrages heranzuziehen.

Um dem Benutzer der Tabelle das Auffinden von Urteilen zu erleichtern, werden neuere Urteile, in denen bei einer Mithaftung der Schmerzensgeldbetrag eindeutig und nachvollziehbar quotiert wurde, auf die volle Haftung hochgerechnet, jedoch auf die Quote der Mithaftung in der vorletzten Spalte der Tabelle hingewiesen.

Streitig war weiterhin, ob bei Grundurteilen § 304 Abs. 1 ZPO die Feststellungen über den Grad des beiderseitigen Verschuldens dem Betragsverfahren vorbehalten seien. Hier hat das OLG Celle den Weg gewiesen und entschieden, dass schon im Grundverfahren die aus der Abwägung (z. B. nach § 254 BGB oder § 17 StVG) gewonnenen Verantwortungsanteile festgelegt und damit künftigem Streit entzogen werden, die bei der späteren Bemessung des Schmerzensgeldes als Bemessungsfaktoren neben anderen zu berücksichtigen sind (OLG Celle v. 20.5.1968, NJW 1968, 1785; siehe auch OLG Köln v. 7.8.1974, VersR 1975, 543 und OLG Düsseldorf v. 10.2.1969, VersR 1969, 643).

Da der Schmerzensgeldanspruch von Haus aus ein echter Schadensersatzanspruch ist, trifft den Geschädigten dem Schädiger gegenüber die Obliegenheit, gem. § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB, den Schaden mit zumutbaren Maßnahmen zu mindern (BGH v. 10.3.1970, VersR 1970, 443). Einer ärztlichen Behandlung braucht sich der Geschädigte allerdings nur dann zu unterziehen, wenn sie gefahrlos und Erfolg versprechend ist (BGH v. 24.10.1961, VersR 1961, 1125)

2. Betriebsgefahr

Auch die eigene, mitursächliche Betriebsgefahr muss sich der verletzte Kraftfahrer auf seinen Schmerzensgeldanspruch anrechnen lassen; das gilt selbst dann, wenn ihn kein Verschulden trifft (BGH v. 13.4.1956, VersR 1956, 370 = NJW 1956, 1067 = JZ 1956, 491 = BGHZ 20, 259; BGH v. 18.11.1957, DAR1958, 48 = VersR 1958, 83 = VRS 14, 8 = BGHZ 26, 69; BGH v. 6.2.1961, VersR 1961, 402; BGH v. 20.12.1962, VersR 1963, 359).

3. Arbeitsunfälle (§§ 104, 105 sowie 106 Abs. 3 SGB VII)

Ist der Verkehrsunfall gleichzeitig ein Arbeitsunfall, so ist ein Schmerzensgeldanspruch nach §§ 104, 105 SGB VII ausgeschlossen (BVerfG v. 7.11.1972, NJW 1973, 502). Bei Fahrten, die auf Anweisung des Arbeitgebers mit einem Firmenfahrzeug durchgeführt werden und die der Beförderung von Arbeitnehmern zur Arbeitsstelle oder von der Arbeitsstelle nach Hause dienen, besteht wegen des bestimmenden Einflusses des Unternehmers auf das Zurücklegen des Weges ebenfalls der Haftungsausschluss nach §§ 104, 105 SGB VII (BGH v. 8.5.1973, VersR 1973, 736 = NJW 1973, 1326). Deshalb sind Arbeitgeber und Fahrzeugführer von der Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes freigestellt. Dementsprechend kann der Geschädigte auch einen außerhalb des Sozialversicherungsrechts stehenden Zweitschädiger nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses insoweit nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, als der für den Unfall mitverantwortliche Unternehmer ohne seine Haftungsfreistellung im Verhältnis zum Zweitschädiger (§§ 426, 254 BGB) für den Schaden aufkommen müsste. Das Schmerzensgeld mindert sich daher um den Anteil, den der Unternehmer zu verantworten hat und ohne das sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivileg im Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern zu tragen hätte (BGH v. 12.6.1973, VersR 1973, 836 = NJW 1973, 1648).

Ein Schmerzensgeldanspruch ist aber dann gegeben, wenn für das Opfer zwar ein Arbeitsunfall vorliegt, der Täter aber nicht mit dem Opfer für eine “gemeinsame Betriebsstätte” im Sinne des § 106 Abs. 3 SGB VII tätig war und deshalb nicht haftungsprivilegiert ist.

Interessant ist das Urteil des OLG Stuttgart vom 14.10.2004 83 (OLG Stuttgart v. 14.10.2004, VII U 96/04), das wie folgt entschieden hat:

Der Haftungsausschluss nach § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII (Gemeinsame Betriebsstätte) beruht auf dem Gedanken der sog. “Gefahrengemeinschaft”. Eine solche besteht typischerweise nicht zwischen Fahrer und Beifahrer eines im Straßenverkehr genutzten Fahrzeugs, da allein der Beifahrer dem Risiko ausgesetzt ist, durch das Fahrverhalten des Fahrers zu Schaden zu kommen.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Rechtsprechung sich diesem Urteil anschließen wird.

4. Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem Ehepartner oder sonstigen Familienangehörigen

Wenn ein Ehepartner oder sonstiger Familienangehöriger dem anderen wegen schuldhafter Körperverletzung ersatzpflichtig ist, schuldet er grundsätzlich ein angemessenes Schmerzensgeld. Der mildere Haftungsmaßstab des § 1359 BGB greift bei Körperverletzung infolge gemeinsamer Teilnahme der Eheleute im Straßenverkehr nicht, ebenso nicht bei erwachsenen Kindern (BGH vom 18.6.1973 in VersR 1973, 941).

Diese Haftungsprivilegierung gilt nur bei Unfällen im Straßenverkehr, nicht jedoch z.B. bei gemeinsamer sportlicher Freizeitgestaltung, wie z.B. Wasserskilaufen (BGH v. 24.3.2009, Az. VI ZR 79/08).

Für die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes sind neben anderen Umständen die familienrechtlichen Beziehungen sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse von Schädiger und Verletztem erheblich. Eine Schmerzensgeldentschädigung unter Familienangehörigen, die mit einer Minderung des angemessenen Familienunterhaltes erkauft wäre und aus diesem Grund vom Verletzten möglicherweise der Familie wieder zur Verfügung gestellt werden müsste, wäre nicht angemessen und könnte ihren Zweck nicht erfüllen.

Wird die Ehefrau als Beifahrerin verletzt und trifft den Ehemann ein Mitverschulden, so ist es fraglich, ob sie sich dieses Mitverschulden anrechnen lassen muss. Nach Auffassung des LG Ellwangen (LG Ellwangen v. 29.9.1972, VersR 1973, 1127) kann der Ersatzanspruch der Ehefrau gegenüber dem Zweitschädiger von vornherein um den Verantwortungsteil des Ehemannes gemindert werden. Diese Auffassung wird von Schmalz (VersR 1975, 385) kritisiert. Da der Ehemann nicht gemäß § 1359 BGB haftungsbegünstigt ist (BGH v. 18.6.1973, VersR 1973, 941 = NJW 1973, 1654 = DAR 1973, 297 = VRS 45, 327), haftet der Zweitschädiger zusammen mit dem Ehemann als Gesamtschuldner gemäß § 840 Abs. 1 BGB, und folglich kann sich die verletzte Ehefrau gemäß § 421 BGB in vollem Umfang ausschließlich an den gesamtschuldnerisch haftenden Zweitschädiger halten. Dieser kann sich gemäß § 426 BGB, § 17 Abs. 1 StVG Ausgleich beim Ehemann holen.

Andere Voraussetzungen lagen bei der Entscheidung des BGH vom 11.5.1971 (BGH v. 11.5.1971, VersR 1971, 905) vor. Der Ehemann, der das Fahrzeug zur Unfallzeit gelenkt hatte und den ein Mitverschulden traf, wurde beim Unfall getötet. Seine Ehefrau, die nicht mitfuhr und daher auch nicht unmittelbar verletzt wurde, erlitt durch die Nachricht vom Unfalltod ihres Ehemannes einen Gesundheitsschaden. Hier hat der BGH entschieden, dass in Abweichung von der Rechtsprechung des RG (RGZ 157, 11) § 846 BGB auch nicht entsprechend anwendbar sei; es komme aber nach §§ 254, 242 BGB eine Anrechnung des fremden Mitverschuldens in Betracht, weil die psychisch vermittelte Schädigung nur auf einer besonderen persönlichen Bindung an den unmittelbar Verletzten beruhe.

5. Gesamtschuldnerschaft bei ärztlichen Behandlungsfehlern

Leitsatz OLG Braunschweig v. 11.3.2004, 1 U 77/03:

1. Hat der bei einem Unfall, Verletzte vom Unfallverursacher Schmerzensgeld erhalten, ist die Zahlung auf den Schmerzensgeldanspruch gegen einen Arzt, der die Unfallverletzung behandelt hat und dem dabei Behandlungsfehler unterlaufen sind, als Erfüllung anzurechnen. Arzt und Unfallverursacher sind in einem solchen Fall Gesamtschuldner.

2. Weigert sich der Patient, eine notwendige Behandlungsmaßnahme an sich vornehmen zu lassen, obwohl er auf die Notwendigkeit hingewiesen worden ist, kann die Verantwortung des Arztes für die Folgen der Unterlassung entfallen; der Kausalzusammenhang zu einem etwaigen vorangegangenen Behandlungsfehler kann unterbrochen sein.

C. Verkehrsopferhilfe (§ 12 Pflichtversicherungsgesetz)

Nach § 12 PflichtVersG besteht ein Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem Entschädigungsfonds der Verkehrsopferhilfe u.a. in den Fällen fehlenden Versicherungsschutzes und der Verkehrsunfallflucht. In letzterem Fall sieht das Pflichtversicherungsgesetz für das Schmerzensgeld eine Beschränkung vor; § 12 Abs. 2 Satz 1 PflichtVersG regelt für den Fall der Fahrerflucht, dass ein Schmerzensgeldanspruch nur geltend gemacht werden kann, wenn und soweit die Leistung einer Entschädigung wegen der besonderen Schwere der Verletzung zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erforderlich ist.

In zwei Entscheidungen hat das LG Hamburg (LG Hamburg v. 4.8.1976, VersR 1977, 581. LG Hamburg v. 24.1.1977, VersR 1977, 674) zu der Frage Stellung genommen, was unter dem Begriff der besonderen Schwere der Verletzung zu verstehen sei. Das LG hat in beiden Fällen einen Schmerzensgeldanspruch abgelehnt, da “der eingetretene Schaden aus der Masse der Personenschäden herausragen müsse, insbesondere, dass der Betroffene eine dauerende und erhebliche Beeinträchtigung seiner körperlichen Funktion erlitten hat; die Verletzungen müssen deutlich und drastisch über das hinausgehen, was bei den täglichen Unfällen im Straßenverkehr an Verletzungen auftritt.“ (Ähnlich auch LG Verden v. 10.4.2001, VersR 2001, 1152).

Das LG Darmstadt (Urteil v. 2.5.1979, VersR 1980, 365) führt dazu aus:

“Wann eine schwere Verletzung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ergibt sich aus der Eigenart und der Zielsetzung der Verkehrsopferhilfe.”

In einem weiteren Urteil hat sich das LG Hamburg (LG Hamburg v. 11.8.1976, VersR 1977, 582) auf den Standpunkt gestellt, dass der Anspruchsteller beweispflichtig dafür ist, dass der Fahrer oder Halter eines am Unfall beteiligten und nicht zu ermittelnden Kfz aus Verschulden haftet.

Bei Unfallflucht (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 PflVersG) zahlt der Entschädigungsfonds unter Berufung auf einen Beschluss des LG Regensburg vom 9.5.1969 (4 O 26/69) sowie auf ein Urteil des LG Lüneburg vom 10.11.2000 (VersR 2001, 1152) nur circa ein Drittel des üblichen Schmerzensgeldes; eine andere und wohl richtigere Auffassung vertritt jedoch das LG Itzehoe in seiner Entscheidung vom 28.6.1979 (6 O 273/78), in der das LG die Ansicht vertritt, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.

Die Adresse der Verkehrsopferhilfe lautet:
Verkehrsopferhilfe e.V.
Wilhelmstr. 43/43 g
10117 Berlin

D. Anrechenbarkeit des Schmerzensgeldes

1. Sozialhilfe

Nach § 93 SGB XII (früher § 90 BSHG) kann der Sozialhilfeträger nicht nur Ansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs, sondern auch andere Ansprüche des privaten oder öffentlichen Rechts, die dem Hilfeempfänger zustehen, auf sich überleiten. Ob dies allerdings auch für Schmerzensgeldansprüche zutraf, war umstritten. Schmerzensgeld wird für einen Schaden gewährt, der allein in der Person des Geschädigten als schwere Beeinträchtigung seines seelischen Wohlbefindens eingetreten ist. Aus dem Gesichtspunkt der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes kann nach Auffassung der Autoren eine Überleitung nicht stattfinden.

Allerdings hat das OLG Nürnberg in einem Urteil vom 19.12.1979 (4 U 22/79) entschieden, dass auch Schmerzensgeldansprüche nach Überleitung nur bedingt und allmählich auf den Sozialhilfeträger übergehen, soweit dieser Sozialhilfeleistungen erbringt und aus kongruenten Ansprüchen keinen vollen Regressanspruch hat (OLG Nürnberg v. 19.12.1979, 4 U 22/79, VersR 1980, 1149).

Durch § 116 SGB X wurde nun für Schadensfälle nach dem 1.7.1983 der Sozialhilfeträger hinsichtlich seines Regresses dem Sozialversicherungsträger gleichgestellt.

Damit wurde auch die sachliche Kongruenz zwischen dem Anspruch des Geschädigten und der Leistung des Sozialhilfeträgers zur Voraussetzung für eine Überleitung der Ansprüche. Eine mit dem Schmerzensgeld sachlich kongruierende Leistung des Sozialhilfeträgers ist jedoch nicht ersichtlich, so dass die Schmerzensgeldzahlung von der Überleitung ausgenommen bleibt.

Dieser Ansicht hat sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen, wonach der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen für den Hilfesuchenden grundsätzlich eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII (früher § 88 Abs. 3 BSHG) bedeutet (BVerwG v. 18.5.1995, 5 C 22/93, MDR 1996, 864).

2. Harz IV-Empfänger

Nach § 11 Abs. 3 Ziff. 2 SGB II ist Schmerzensgeld bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende als Einkommen nicht zu berücksichtigen

3. Kapitalertrag

Das Schmerzensgeld dient nicht dem Zweck einer Kapitalanlage mit Zinsertrag (OLG München v. 19.11.1971, 10 U 2575/70). Daher kann von dem Verletzten nicht verlangt werden, den Schmerzensgeldbetrag gewinnbringend anzulegen und sich den Gewinn bei der Bemessung der Höhe der Schmerzensgeldrente zugunsten des Schädigers anrechnen zu lassen.

4. Schmerzensgeld bzw. Schmerzensgeldanspruch im ehelichen Zugewinnausgleich

Bei der Bewertung des Endvermögens bei der Berechnung von Zugewinnausgleichsansprüchen unter Ehegatten im Falle der Scheidung ist die Behandlung der Ansprüche auf Schmerzensgeld und der Schmerzensgeldleistungen höchst problematisch. Nach einer Entscheidung des BGH vom 27.5.1981 (NJW 1981, 1836) ist ein Schmerzensgeld vorbehaltlich der Härteregelung des § 1381 BGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen. Zwar handelt es sich um einen Anspruch eigener Art, der mit der Naturalrestitution von Vermögensschäden nicht vergleichbar sei, das Schmerzensgeld stelle aber einen Vermögenswert dar, der, wie alle anderen Vermögenspositionen, objektiv und objektivierbar sei.

Diese Auffassung ist nach Meinung der Autoren aber nicht mit dem Institut des Schmerzensgeldes als Ersatzleistung für einen höchstpersönlichen Schaden des Geschädigten (die schwere Beeinträchtigung des physischen Wohlbefindens) vereinbar. Das Schmerzensgeld zum Gegenstand des Ausgleichs zu machen, bedeutet eine nicht zu vertretende Zweckentfremdung. Da ein Schmerzensgeldanspruch gemäß § 1374 II BGB nicht dem Anfangsvermögen zugerechnet werden kann (die Aufzählung in § 1374 II BGB ist abschließend), könnte lediglich wegen § 1381 BGB einem Anspruch auf Schmerzensgeld entgegengetreten werden. Dieser Weg führt aber nicht immer zu adäquaten Ergebnissen, weil die grundsätzliche Anrechnung des Schmerzensgeldes im Zugewinnausgleich die Person des Ausgleichspflichtigen verändern kann (BGH FamRZ 81, 755, BGH 80/384.Gernhuber, MüKo BGB, §1374 BGB Rn 14).

In konsequenter Fortsetzung dieser Rechtsprechung muss sich ein unterhaltsberechtigter geschiedener Ehegatte auch die aus einer Schmerzensgeldforderung erwachsenen Erträge als Erträge seines Vermögens auf seinen Unterhaltsanspruch anrechnen lassen (BGH v. 13.7.1988, NJW-RR 1988, 1093).

5. Arbeitslosenhilfe

Keine Anrechnung des Schmerzensgeldes auf Arbeitslosenhilfe. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit im Sinne der Arbeitslosenhilfe ist eine zur Abfindung von Schadensersatzansprüchen wegen einer Körperverletzung mit Dauerfolgen gezahlte Kapitalentschädigung und der daraus erzielten Zinseinnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigten (BSG v. 20.2.1991, 11 RAR 109/89).

6. Prozesskostenhilfe

Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei für die Prozessführung ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 SGB XII gilt entsprechend.

Dies bedeutet, dass der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen für den Hilfesuchenden bzw. für den Antragsteller von Prozesskostenhilfe grundsätzlich eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII (früher § 88 Abs. 3 BSHG) bedeutet (BVerwG, 18.5.1995, 5 C 22/93, MDR 8/96, S. 864).

7. Schmerzensgeld bei einem Erstattungsanspruch aus § 110 SGB VII:

Nach einem Urteils des BGH vom 27.6.2006 (VIZR 143/05) - SP 2006, 345 - kann ein Sozialversicherungsträger wegen der von ihm erbrachten Aufwendungen beim Rügriff nach § 110 SGB VII grundsätzlich auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen den nach den § § 104 ff. SGB VII haftungsprivilegierten Schädiger zurückgreifen.

VI. Verfahrensfragen

A. Klageantrag

a. Bei Ansprüchen auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ist die Stellung eines unbezifferten Antrags, durch die die Bemessung der begehrten Leistung in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, grundsätzlich zulässig. Als Klageantrag wird empfohlen:

“Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.”

Fraglich ist jedoch, ob in der Klagebegründung die Größenordnung des geltend gemachten Betrages so genau wie möglich angegeben werden muss, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen (v. Gerlach, VersR 2000, 525).

Nach der neueren BGH-Rechtsprechung ist die Größenordnung zwar nicht mehr für die Zulässigkeit der Klage in der I. Instanz, wohl aber für die Beschwer, und damit für den Zugang zur II. Instanz von Bedeutung. Im Schrifttum ist dagegen aus dem Urteil vom 30.4.1996 (BGHZ 132, 341 = VersR 1996, 990 = NJW, 1996, 2425) fälschlicherweise die Schlussfolgerung gezogen worden, dass die Angaben einer Größenordnung nicht mehr nötig und dem Anwalt sogar dringend davon abzuraten sei. Im Gegenteil, gerade um sich die Möglichkeit eines Rechtsmittels zu erhalten, ist dem Anwalt dringend zu raten, weiterhin die Größenordnung so präzise wie möglich anzugeben. Das entspricht durchaus der Tendenz des BGH, wie sie namentlich dem Urteil vom 2.2.1999 (BGHZ 140, 335 = VersR 1999, 902) zugrundeliegt. Dort kommt auch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Unterscheidung zwischen Größenordnung und Mindestbetrag nicht sinnvoll ist. Anstatt der Angabe einer Größenordnung sollte daher, weil präziser, nur noch ein Mindestbetrag genannt werden.

Wird eine Schmerzensgeldgrenze angestrebt, setzt dies nach Auffassung des BGH (NJW 1998, 3411) einen dahingehenden Antrag des Klägers voraus. Das Gericht kann jedoch im Rahmen des § 287 ZPO eine Rente zusprechen, wenn vom Kläger eine Kapitalzahlung verlangt wurde.

Bei einem Feststellungsantrag ist ein Feststellungsinteresse nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bereits dann zu bejahen, wenn die Entstehung eines Schadens – sei es auch nur entfernt – möglich, aber noch nicht vollständig gewiss ist und der Schaden daher noch nicht abschließend beziffert werden kann (BGH NJW-RR 1988, 445; NJW 1991, 2707).

Ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH vom 9.1.2007, DAR 2007, 390).

Muss der Verletzte mit Spät- oder Dauerschäden rechnen, so entfällt sein Feststellungsinteresse nicht schon dadurch, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer des Gegners sich zum Verzicht auf die Verjährungseinrede für einen bestimmten – eventuell auch längeren – Zeitraum bereit erklärt (OLG Hamm, SP 2000, 304).

b. In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertritt der BGH in seinem Urteil vom 20.1.2004 (VI ZR 70 / 03) die Auffassung, dass mit dem auf eine unbeschränkte Klage insgesamt zu erkennenden Schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten werden (BGH v. 20.1.2004, Az. VI ZR 70/03.BGH v. 24.5.1988, VersR 1988, 929. BGH v. 7.2.1995, VersR 1995, 471).

c. Im Rahmen einer Teilklage im Schmerzensgeldprozess ist es zulässig, den Betrag des Schmerzensgeldes zuzusprechen, der dem Verletzten zum Zeitpunkt der Entscheidung zumindest zusteht, und später den zuzuerkennenden Betrag für die Verletzung auf die Summe zu erhöhen, die der Verletzte beanspruchen kann, wenn der Umfang weiterer zu erwartender Schäden schließlich feststeht.

Der Verletzte kann in diesem Falle statt einer offenen Teilklage neben dem bezifferten Zahlungsantrag einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden zur Sicherung seines zusätzlichen Anspruchs stellen.

Ein ziffernmäßiger oder ansonsten individualisierter Teil eines Schmerzensgeldanspruchs kann Gegenstand einer Teilklage sein. Ausreichende Individualisierbarkeit ist dann gegeben, wenn ein Teilbetrag des für angemessen angesehenen Schmerzensgelds gefordert wird und für die Bemessung der Anspruchhöhe nur die Berücksichtigung der Verletzungsfolgen verlangt wird, die bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten sind (BGH v. 20.1.2004, Az. VI ZR 70/03.BGH v. 24.5.1988, VersR 1988, 929. BGH v. 7.2.1995, VersR 1995, 471).

B. Verjährung

§ 852 BGB, der ursprünglich die Verjährung des Schmerzensgeldanspruchs regelte, wurde neu gefasst.

Ab 1.1.2002 gilt gemäß § 195 BGB für den Schmerzensgeldanspruch die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren.

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt diese mit dem Schluss des Jahres, in dem

  1. der Anspruch entstanden ist und
  2. der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt

oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Nach § 199 Abs. 2 BGB verjähren Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grobe fahrlässige Unkenntnis jedenfalls in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert (§ 203 S. BGB). Dies setzt voraus, dass ein Abbruch der Verhandlungen klar und deutlich zum Ausdruck gebracht wird (BGH, SP 1998, 379). Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein (§ 203 S. 2 BGB).

Ebenso ist die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten gehemmt, so lange die Ehe besteht (§ 207 Abs. 1 S. 1 BGB).

Das Gleiche gilt für die Ansprüche zwischen

  1. Lebenspartnern, so lange die Lebenspartnerschaft besteht
  2. Eltern und Kindern und dem Ehegatten eines Elternteils und dessen Kindern während der Minderjährigkeit der Kinder
  3. dem Vormund und dem Mündel während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses
  4. dem Betreuten und dem Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses und
  5. dem Pflegling und dem Pfleger während der Dauer der Pflegschaft (§ 207 Abs. 1 S. 2 BGB).

Macht der Anspruchsteller den Direktanspruch gegen die Versicherung des Ersatzpflichtigen gemäß § 3a Abs. 1 PflVG, § 115 Abs. 1 VVG (§ 3 Nr. 1 PflVG a.F.) geltend, so ist die Verjährung gemäß § 115 Abs. 2 S. 3 VVG (§ 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F.) bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, mit dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens in zehn Jahren von dem Schadensereignis an (§ 115 Abs. 2 S. 2 VVG, § 3 Abs. 3 S. 2 PflVG a.F.).

Weil in der Rechtsprechung umstritten ist, ob ein globaler Verzicht auf die Einrede der Verjährung Wirksamkeit entfaltet, wird folgende Formulierung vorgeschlagen:

“Der Anspruchsteller wird hinsichtlich des Vorbehalts so gestellt, als wenn er ein Feststellungsurteil gleichen Inhalts gegen den Haftpflichtversicherer bzw. Versicherungsnehmer erwirkt hätte.”

Mit dieser Formulierung wird jedenfalls die Verjährung auf die Dauer von 30 Jahren verhindert.

Die Übergangsvorschrift ist in Artikel 229 § 6 EGBGB geregelt.

C. Prozesskostenhilfe

Aufgrund des § 115 Abs. 3 ZPO und des Urteils des BVerwG (BVerwG v. 18.5.1995, 5 C 22/93, MDR 8/96, 864) ist nun klargestellt, dass Schmerzensgeld ein zweckgebundenes Vermögen darstellt, das neben der Genugtuung vor allem Ausgleich für entgangene Lebensfreude ermöglichen soll. Es hat keinen Versorgungscharakter und soll daher nicht zur Deckung des Lebensbedarfs dienen, sondern dem Verletzten gerade Annehmlichkeiten über den Grundlebensbedarf hinaus verschaffen. Da die Kosten eines Rechtsstreits hingegen wohl eindeutig dem Bedarf des Lebensunterhaltes zuzurechnen sind, verbietet sich aus diesen Gründen eine Anrechnung, auch wenn es um die Zahlung einer Schmerzensgeldrente geht.

D. Berufung und Revision

Im Berufungsverfahren ist nach einem Urteil des BGH vom 2.10.2001–VI ZR 356/00 (VRS 101, 407; DAR 2002, 33) ein Kläger, der ein angemessenes Schmerzensgeld unter Angabe eines Mindestbetrages begehrt hat, nicht beschwert, wenn das Gericht ihm diesen Betrag zugesprochen hat, aber abweichend von seiner Auffassung ein Mitverschulden bejaht.

Die Höhe des Schmerzensgeldes ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH in der Revision nur darauf nachprüfbar, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht (BGH v. 3.4.1973, VersR 1973, 711; ebenso BAG v. 26.1.1971, VersR 1971, 655). Nicht aber wird durch das Revisionsgericht untersucht, ob die Bemessung des Schmerzensgeldes überreichlich oder zu niedrig war.

Das BGH-Urteil vom 8.6.1976 (BGH v. 8.6.1976, DAR 1976, 244 = MDR 1976, 1012 = VersR 1976, 967) hält zwar an der bisherigen Rechtsprechung insoweit fest, als es der Revision verwehrt sei, ihre Bewertung an die Stelle des Tatrichters zu setzen. Immerhin enthält die Entscheidung aber wichtige Ausführungen über die Grenzen des tatrichterlichen Ermessens.

E. Streitwert

Wurde die Höhe des Schmerzensgeldes völlig in das Ermessen des Gerichts gestellt, so ist der Streitwert der Betrag, der nach dem tatsächlichen Vortrag des Klägers als das angemessene Schmerzensgeld zu erachten ist.

Erweisen sich die vom Kläger behaupteten klagebegründenden Tatsachen teilweise als nicht zutreffend und billigt das Gericht aus diesem Grund einen niedrigeren Betrag zu, dann ist unter Teilabweisung der Klage dem Kläger ein entsprechender Teil der Kosten aufzuerlegen. Hat der Kläger einen bestimmten Mindestbetrag gefordert und bleibt das Gericht in seinem Urteil nicht nur geringfügig unter diesem Betrag, so ist dem Kläger unter Teilabweisung der Klage ein Teil der Kosten aufzuerlegen.

Nach oben ist das Gericht streitwertmäßig nicht an die Angaben des Klägers gebunden, da sich der Streitwert am angemessenen Schmerzensgeld auszurichten hat (BGH, NJW 1996, 2425). Gegebenenfalls hat das Gericht nach Anhörung der Parteien den Streitwert im Hinblick auf einen ihm angemessenen und billig erscheinenden Betrag höher festzusetzen, als dies der angegebenen Größenvorstellung des Klägers entspricht.

F. Zinsen

Der Schmerzensgeldanspruch entsteht mit dem Schadensereignis. Der schließlich als angemessen zuerkannte Geldbetrag gilt als von Anfang an geschuldet (BGH v. 5.1.1965, VersR 1965, 380). Deshalb ist auch ein mit unbeziffertem Klageantrag geltend gemachter Schmerzensgeldbetrag grundsätzlich von der Rechtshängigkeit an zu verzinsen (KG v. 29.6.1970, VersR 1972, 281).

Der Schuldner eines Schmerzensgeldes kann erst dann durch Mahnung in Verzug gesetzt werden, wenn er anhand von objektiven Unterlagen, die er sich allerdings nach besten Kräften sobald als möglich verschaffen muss, eine für die Bezifferung des Anspruches ausreichende Gewissheit über den tatsächlich eingetretenen und in Zukunft noch zu erwartenden immateriellen Schaden erlangt hat. Unter dieser Voraussetzung kann auch eine unbezifferte Schmerzensgeldforderung vom Zeitpunkt des Verzuges an, mindestens aber seit Klageerhebung, zu verzinsen sein (OLG Celle v. 14.2.1963, NJW 1965, 531).

Unter Anwendung des § 288 BGB kann ein Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz (§ 247 BGB) gefordert werden.

Für die Zuerkennung des Zinsanspruches bedarf es eines besonderen Antrages (BGH v. 5.1.1965, NJW 1965, 531 = VRS 28, 161 = MDR 1965, 287 = DAR 1965, 98 = VersR 1965, 380; BGH v. 13.7.1965, VRS 29, 437).