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Schadensregulierung Personenschäden

Nachfolgende Informationen sollen lediglich einem juristischen Laien einen ersten Einblick in das umfangreiche und schwierige Thema des Schmerzensgelds und der Schmerzensgeldbemessung geben. Die Ausführungen erheben daher weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf dogmatische Richtigkeit. Der Schwerpunkt liegt auf Lesebarkeit und Verständlichkeit der Grundproblematik. Einzelheiten sollten in einem persönlichen Gespräch geklärt werden.

Betroffene haben sich oft in jahrelangen Auseinandersetzungen mit gegnerischen Haftpflichtversicherern ein überdurchschnittliches Wissen angeeignet. Wer sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzen möchte oder muss sei auf die ausführlicheren Darstellungen unter Schmerzensgeldbemessung verwiesen.

Verletzung von Personen

Werden Menschen an der Gesundheit verletzt, so stellt sich die Frage nach dem dem Verletzten zustehenden „Schmerzensgeld“. Was gilt es also als Geschädigter bei Verletzungen der Gesundheit zu wissen?

Das Gesetz unterscheidet zwischen materiellen und immateriellen Schäden. Einfach ausgedrückt zwischen Vermögensschäden und Nichtvermögensschäden. Unter immaterielle Schäden fallen alle Schäden, denen „Vermögensqualität“ fehlt und deren Beeinträchtigung nicht durch Geld ausgeglichen werden kann. Der Ersatz von derartigen Schäden ist gem. § 253 BGB grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme liegt vor, wenn es sich um Körper- oder Gesundheitsschäden handelt.

Wer als Grundlage zur Berechnung der immateriellen Schäden also lediglich schematisch die Verletzung als solche und die damit einhergehenden Schmerzen heranzieht greift zu kurz. Die Verletzung und Krankschreibung ist sicher ein und oftmals bei kleinen Verletzungen der größte Teil bei Nichtvermögensschäden, aber eben oft nur ein Teil. Ausgeglichen werden sollen nachteilige Folgen für die körperliche und seelische Verfassung, die die Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigen und sich störend auf das eigene Belieben bei der Gestaltung des täglichen Lebens auswirken.

Verständlich wird diese juristische Formulierung anhand eines einfachen Beispiels: Für mich als passionierten Hobbykoch und Biker wäre eine Einschränkung der Beweglichkeit des kleinen Fingers der linken Hand sicher weitaus weniger tragisch, als für einen begeisterten Geiger oder Gitarrenspieler. Ich bin bei meinen Hobbies und der Art und Weise wie ich meine Freizeit gestalte nicht beeinträchtigt. Bei anderen Personen wie dem Hobbymusiker kann eine kleine Verletzung individuell große Nachteile in der Gestaltung seines Lebens nach sich ziehen und ihm die Freude am Leben einschränken, was eben entsprechend auszugleichen ist. Eine Einschränkung der Beweglichkeit des kleinen Fingers macht es dem Geiger unmöglich seinem Hobby nachzugehen. Er wird grundsätzlich Probleme haben sein oder auch nur ein Instrument und weiter in seinem Orchester zu spielen.

Aus diesem Aspekt heraus ist nicht nur verständlich, warum für ein und die gleiche Verletzung eine riesige Bandbreite an Schmerzensgeld zugesprochen wird. Ebenso verständlich ist aus diesem Grund, warum schwangere Frauen bei einem Verkehrsunfall oft erhebliche Zahlungen erhalten, obwohl sie keinerlei objektive Verletzung erlitten haben. Ausgeglichen wird im Fall einer Schwangeren die Sorge über das Wohl des noch nicht geborenen Kindes, obwohl die Sorgen der Mutter objektiv völlig unbegründet sein können.

Allgemein (allerdings in schwer verständlichem Juristendeutsch) formuliert bedeutet dies, dass eine psychisch mentale, psychosomatische Belastung ohne pathologische Ursache grundsätzlich ebenso eine Verletzung sein kann wie körperliche Misshandlung oder physische, organische, somatische Beeinträchtigung, das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustandes.

Im Einzelnen soll auf folgende Punkte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes näher eingegangen werden:

  1. Bagatellverletzungen
  2. Bemessungsfaktoren
  3. seelische Schmerzen
  4. Schmerzensgeldhöhe
  5. Schmerzensgeldtabellen

1. Bekommt man für jede Verletzung Schmerzensgeld?

Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichte setzt ein Anspruch auf Ersatz von immateriellen Schäden eine „nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung voraus“. Geringfügige Verletzungen ohne wesentliche Beeinträchtigung der Lebensführung und ohne Dauerfolgen sind also nicht ersatzfähig. Anders formuliert: Alles was im Alltagsleben typischerweise und häufig auch aus anderen Gründen als einem Schadensfall vorkommt steht einem Schadensersatz in Form eines Schmerzensgeldes entgegen. Weder der Ausgleichsgedanke noch die Genugtuungsfunktion lassen eine Zahlung zu.

Dies kann der Fall sein bei folgenden Verletzungen:

Es handelt sich hier aber um Abwägungen des jeweiligen Einzelfalles, bei denen einige Gerichte einen Schmerzensgeldanspruch ablehnen und andere Richter wieder erhebliche Zahlansprüche zusprechen. Es kommt hier sicher auf das individuelle Schmerzempfinden des Richters genauso an, wie auf die geschickte Argumentation des Geschädigten. Der Hobbymusiker aus unserem obigen Beispiel könnte vortragen, dass er aufgrund einer Prellung des kleinen Fingers ein Konzert nicht spielen konnte, auf das er sich seit Wochen intensiv vorbereitet hat. So wären die bisherigen erheblichen Aufwendungen des Musikers auch bei einer nur unerheblichen Verletzung wie einem verstauchten Finger mit einem erheblichen Betrag auszugleichen.

Grundsätzlich muss bei Bagatellverletzungen ein besonderer Umstand hinzukommen, der einen Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigung in Geld erfordert.

2. Was sind die Kriterien, die bei der Schmerzensgeldbemessung herangezogen werden?

Dem Schmerzensgeld kommt überwiegend eine Ausgleichsfunktion zu. Das Ausmaß der Lebensbeeinträchtigung steht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes an erster Stelle.

Der Bundesgerichtshof hat bereits 1952 (BGH Urteil vom 29.09.1952, Az.: III ZR 340/51) die Maxime aufgestellt, dass der Umfang des Schadens und das Ausmaß der konkreten Beeinträchtigung für die Bemessung des Schmerzensgeldes in erster Linie maßgebend sein sollen. An dieser Maxime hat die Rechtsprechung bis heute festgehalten.

Üblicherweise spielen folgende Kriterien bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes eine Rolle:

Das Schmerzensgeld soll auch die beeinträchtigte Lebensfreude ausgleichen, wobei in der Regel folgende Punkte relevant sind:

3. Wie werden seelische Schmerzen und psychische Leiden bei der Schmerzensgeldbemessung berücksichtigt?

Jede psychische, mentale oder psychosomatische Belastung kann mit und ohne pathologische Ursache grundsätzlich ebenso wie eine physische, organische oder somatische Verletzung ausgleichsfähig sein.

Im Zusammenhang mit der Entstehung des Schadens kommt es häufig zu folgenden psychischen Belastungen:

Während der ärztlichen Behandlung kommt es häufig zu folgenden psychischen Belastungen:

Nach der Behandlung kommt es häufig zu folgenden psychischen Belastungen:

4. Wie viel Schmerzensgeld steht mir denn jetzt genau für meine Verletzung zu?

Ein genauer Betrag kann für einzelne Verletzungen nicht von vornherein angegeben werden. Insoweit muss auf obige Ausführungen verwiesen werden. Es kann nur festgehalten werden, dass die Schmerzensgeldbeträge in Deutschland sehr gering ausfallen und die Schmerzensgeldhöhe je nach Einzelfall stark variiert (vergleiche hierzu unseren Beispielsfall mit dem Biker der fast leer ausgeht und dem Geiger dem deutlich mehr Schmerzensgeld wegen seines Konzerts zusteht).

Während in Amerika schon mehrere Millionen Dollar an Schadenersatz für den berühmten zu heißen Kaffee bei Mc Donalds zugesprochen wurden, hielt das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG Saarbrücken Az.: 1 U 45/02-10 ) beispielsweise für den Verlust des rechten Unterarms nach über 2 ½ Jahren an Schmerzen und mehreren Operationen gerade einmal 40.000,- € an Schmerzensgeld für angemessen. Ein 3 jähriges Kind erhielt für eine Querschnittslähmung im 1. Halswirbel das bislang höchste Schmerzensgeld in Deutschland mit 500.000,- € zzgl. 500,- € monatlicher Rentenzahlung.

Das Wichtigste und Tröstlichste für den Verletzten ist aber: Es gibt bei schweren Verletzungen der Gesundheit weit mehr zu ersetzen, als nur Schmerzensgeld.

Tipp vom Fachanwalt: Es ist wichtig, dass Sie ihrem Rechtsanwalt alle Informationen an die Hand geben, dass er darstellen kann, dass Sie durch die Verletzung besonders geschädigt wurden. Im obigen Beispielsfall wird der Rechtsanwalt nur in den seltensten Fällen wissen, dass der Geschädigte passionierter Geiger ist und entsprechend argumentieren können.

5. Was hat es mit den Schmerzensgeldtabellen auf sich?

Es gibt in Deutschland im Bereich des Schmerzensgeldes (im Gegensatz zu anderen Bereichen wie z.B. Unfallversicherungen) keine „Gliedertaxe“.

Es sind grundsätzlich in jedem Einzelfall alle für die Höhe des Schmerzensgeldes relevanten Umstände zu erfassen und zu berücksichtigen. Dem Richter steht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ein Ermessensspielraum zu.

Die Schmerzensgeldtabellen sind lediglich Mittel der Information und geben einen oftmals großen Rahmen dessen vor, was bislang in der Rechtsprechung als angemessenes Schmerzensgeld für eine bestimmte Verletzung erachtet wurde. Man kann den vorgegebenen Rahmen jederzeit verlassen. Man muss sich dann aber mit der bisherigen Rechtsprechung auseinandersetzen und begründen, warum man diese im vorliegenden Fall für unangemessen erachtet.